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Der Tagesspiegel, 07.02.2018 |
ISABEL HERZFELD |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Philharmonie Berlin, 6. Februar 2018
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Auch Juwelen sind nur Steine |
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Stimmlich in bester Verfassung. Diana Damrau und Jonas Kaufmann
singen Lieder von Hugo Wolf in der Philharmonie. |
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„Auch kleine Dinge können uns entzücken“, singt Diana Damrau mit
liebreizendem Charme – von der Kostbarkeit der Rose, der Olive, der Perlen
ist die Rede. Wie „Juwelen in einem Kästchen“, so die Sopranistin in einem
Interview, kann man die einzelnen Nummern in Hugo Wolfs „Italienischem
Liederbuch“ bewundern, deren Auftakt die „kleinen Dinge“ geben, ihr Schliff,
ihr Funkeln, ihr Farbenprisma. Selten ist die Sammlung von 44 Liedern
komplett zu hören; sie bildet das neue Projekt der gefeierten Sängerin mit
Jonas Kaufmann, das nun in der ausverkauften Berliner Philharmonie Station
hat.
Misstöne und Friedensstimmung
Doch Leichtigkeit,
Vergnügen, Komik sind ohne tiefere Bedeutung nicht zu haben. In geänderter
Reihenfolge der einzelnen Nummern entsteht ein kleines Kammerspiel von
zunächst leisen, schwärmerischen Tönen. Er bemüht die ganze Schöpfung, das
Paradies, das Meer, später den Dom von Siena, um die Schönheit der Geliebten
zu preisen. Der genügt die Farbe Grün, sinnigerweise trägt Damrau im ersten
Teil eine grüne Stola zum schwarzen, rotgetupften Kleid, später im höchsten
Liebeskampf eine rote, dann eine schwarze, fast schon ein Witwenschleier.
Nach romantischen Serenadentönen kommt Missstimmung auf: „Nicht länger kann
ich singen“, klagt er, während sie scharf kontert: „Schweig einmal still!“
Frieden wird geschlossen, Angst entsteht, wenn der Liebste ins Feld muss
– „Sterb ich, so hüllt in Blumen meine Lieder“ zeigt Kaufmanns berückende
Piano- Kultur in langen, sanft schwingenden Linien. Doch die Konflikte
spitzen sich wieder zu – Damrau ist schön spöttisch, wenn ihr kleiner
Liebster schon von einer Fliege über den Haufen geworfen wird oder sie sich,
ungeliebt fühlend, wenigstens ein greises Männlein von etwa vierzehn Jahren
als Liebhaber wünscht. Das „Alltagsliebchen“ kündigt schließlich den Dienst,
er lässt sie gehen, sie triumphiert mit herausgeschleudertem Spitzenton:
„Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen.“
Das bleibt im gepflegten
Irgendwie
Soweit, so gut. Das Starduo ist stimmlich in bester
Verfassung, Damrau ein wenig scharf im Forte, Kaufmann natürlicher, auch
textverständlicher differenzierend. Man müht sich redlich um darstellerische
Nähe, hält Händchen, zeigt wieder die kalte Schulter. Das könnte viel
gepfefferter sein, bleibt in gepflegtem Irgendwie, berührende Emotionen
kommen selten auf. Damrau gibt häufig die kokettierende Zicke, chargierend
fast, ein solches Frauenbild wünscht man sich nicht mehr. Vielleicht gehen
auch Nuancen in der großen, hellen Philharmonie verloren – was wäre möglich
gewesen in intimerem, liebevoller gestaltetem Rahmen! So bleibt ein
Liederabend mit großen Stimmen, dem Helmut Deutsch als Dritter sensibles,
doch ebenfalls auf dem gleichen gepflegten Level verbleibendes Klavierspiel
beisteuert. Hübsch sind die Juwelen, doch nicht viel mehr.
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