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Online Merker, 14.5.2018 |
Peter Dusek |
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Konzert, 13. Mai 2018, Wien, Konzerthaus
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Zaubertöne und Heldenglanz |
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Er macht es sich nicht leicht, der führende deutsche Heldentenor Jonas
Kaufmann: auf der Bühne beweist er als Andrea Chenier, Otello oder Lohengrin
seine musikdramatische Begabung. Und im Konzertsaal liefert er mit
Meyerbeer, Massenet, Gounod oder Halevy, dass er zugleich der König der
tenoralen „Zaubertöne“, der Meister von lyrisch-verhauchten Piano-Phrasen
geblieben ist. Ein wenig hängt das seit einiger Zeit von der Abendverfassung
ab. Beim „Great Voices“-Konzert im Konzerthaus war der sympathische
„Feschak“ jedenfalls in Bestform und lieferte – gemeinsam mit der
US-Mezzosopranistin Kate Aldrich sowie der deutschen Staatsphilharmonie von
Rheinland-Pfalz(Leitung Jochen Rieder) einen umjubelten Abend, der mit
mehreren Zugaben und „standing ovations“ endete. Ein Abend der „Grand Opera“
eben. Und der stand auch für die Programm-Auswahl: zum Auftakt wählte das
ambitionierte deutsche Orchester die Ouvertüre zu „Mignon“ von Ambroise
Thomas. Goethe aus französischer Perspektive. Geradezu ein Motto. Weiter
ging es mit dem ersten Tenor -Ohrwurm: „O paradiso“- die Arie des Vasco da
Gama aus „L’africaine“ von Giacomo Meyerbeer wurde für Kaufmann zur
„Teststrecke“: die Übergänge zwischen der baritonalen Mittellage und den
kopfigen Piano-Phrasen sind noch etwas abrupt. Doch die Schluss-Höhe
strahlt. Jonas Kaufmann ist in großer Form! Das erweist sich auch bei der
Arie des Romeo aus „Romeo et Juliette“ von Charles Gounod „Ah! Lève toi“ –
man muss noch etwas zittern, aber der Jubel nimmt zu. Weiter geht’s mit
einer hinreißenden Habanera von Emmanuelle Chabris und einigen Szenen aus
Carmen von Bizet – Kate Aldrich liefert eine sehr sinnliche Habanera und
Jonas Kaufmann begeistert mit der „Blumenarie“: sehnsüchtiges Schmachten und
sinnliche Leidenschaft sind hier ganz nahe. Die größte Wirkung vor der Pause
ist dann die Szene zwischen Charlotte und Werther aus dem 2.Akt der
gleichnamigen Oper von Jules Massenet. Da stockt der Atem, da erlebt man das
Wunder der Verliebtheit und den Absturz in die Realität. Große Oper am
Konzertpodium! Nach der Pause: Hector Berlioz „La damnation de Faust“ – mit
dem ungarischen Marsch und der Arie des Faust. Dann die Ouvertüre zu „Die
Rheinnixen“ von Jacques Offenbach, die er in der Barcarole von „Les Contes
d’Hoffmann“ populär gemacht hat. Den Höhepunkt des Konzertes markierten
schließlich die Arien des Eleazar aus „La Juive“ von Jacques Fromental
Halevy und „Le Cid“ von Jules Massenet: die eine hat man in unauslöslicher
Erinnerung in der Version von Neil Shicoff im Gedächtnis, die andere war vor
Jahrzehnten von Placido Domingo zum „Sieg“ verholfen worden: Jonas Kaufmann
bewies, welche Bandbreite an künstlerischer Vielfalt für einen wirklichen
Opern-Künstler zur Verfügung stehen. Zuletzt das Carmen-Finale – wieder mit
Kate Aldrich; dann Jubel, Trubel, Blumen und Zugaben: aus Werther und Manon-
Jetzt sitzen die Piani wirklich, die Übergänge zur virilen Mittellage sind
weniger hart. Die „Zaubertöne“ überwinden Zeit und Raum. Und die emotionale
Siedehitze ist kaum zu überbieten. Zum Abschluss ein „Gag“: die Barcarole
für Mezzo und Tenor. Musikalische Leidenschaft verträgt auch eine Prise
Humor. Why not?
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