Volksblatt
Von Georgina Szeless
 
Liederabend, 26. September 2018, Linz, Brucknerhaus
Traurig – leise Töne einer großen Stimme
Liederabend von Opernstar Jonas Kaufmann beim Brucknerfest
 
Der ewig strahlende Himmel der Liedkunst verlangt sehr viel von einem Sänger. Einen Spitzenplatz darin hat sich Jonas Kaufmann (49) mit seinem Abend im Linzer Brucknerfest nicht erobert. Überrascht hat er schon mit seinem Programm, das dem Brucknerfest-Katalog nicht zu entnehmen war. Aber dies war eigentlich nicht wichtig. Das Haus ging über vor seinen Fans, für die ungeplanten Stehplätze waren hinten sogar Sessel aufgestellt. Enttäuscht waren vielleicht jene Opernkenner und Ariengeier, die den prominenten Tenor auf den Bühnen der Welt bewundern und lieben. Aber Kaufmann hat sich eben für einen Liederabend entschieden, was eine ungleich schwierigere Kost für das Publikum ist und in jeder Hinsicht viel mehr erfordert als die Gestaltung einer Opernrolle.

Mit halber Stimme

Angeblich sind ihm beide Genres ans Herz gewachsen. Man kann es ihm glauben, wenngleich seine Stimme für das dramatische Fach prädestiniert ist und den lyrischen Charakter im Lied mit Vorbehalt aufsucht. Diesen Eindruck hinterließ eigentlich der ganze Abend.

Kaufmann bremste sein großes, baritonal gefärbtes Material vorsichtig ein, freilich mit Intelligenz, musikalischem Geschmack und technischer Überlegenheit. Und er führte seinen in der Mittellage dunklen Vortrag übertrieben bis zu einem intimen Pianissimo-Schleier. Davon profitierte der für die meisten Lieder treffende Erzählton in einem Parlandostil und belebte klanglich seinen tragenden Gesang mit halber Stimme, wobei es doch manche Steigerungen auch in der Phrasierung gebraucht hätte.

Fehlende Abwechslung

In vier Blöcke teilte Kaufmann die Vortragsfolge: Die beiden ersten mit Werken von Franz Liszt und Gustav Mahler klangen noch allzu blass und einheitlich im Ausdruck, vor allem die „Rückert-Lieder“ von Mahler hätten mehr Emotionalität vertragen. Die Heine-Vertonungen von Hugo Wolf nach der Pause überzeugten schon mehr, brachten sie textlich doch auch Charme und Witz in die stilistisch abwechslungsarmen Darbietungen.

Retter am Klavier

Zweifelte man schon da und dort an der sonderbaren Auswahl der Lieder, gerieten „Vier letzte Lieder“ von Richard Strauss dann als Fehlgriff völlig daneben. Es sind und bleiben halt doch Orchesterlieder, die Strauss Sopranistinnen zugedacht hatte, und denen diesmal nur Kaufmanns weltbester Begleiter Helmut Deutsch am Steinway-Flügel zu einem Erfolg verhelfen konnte. Und der war so groß, dass er für drei Zugaben herhalten musste. Der Applausdonner reichte jedoch nicht für die erwartete Arie, ohne die der mit roten Rosen beschenkte Star die Bühne verließ.



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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