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Die Presse, 05.05.2017 |
von Wilhelm Sinkovicz |
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Puccini: Tosca, Wiener Staatsoper, 5. Mai 2017
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"Tosca" mit Gheorghiu und Kaufmann |
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Vier Minuten Applaus nach "und es blitzten die Sterne", aber keine Wiederholung: Und dennoch ein großer, ab dem Mittelakt wirklich spannender Staatsopern-Abend: |
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... also: er hat nicht wiederholt! Vier Minuten lang tobten die Verehrer
Jonas Kaufmanns nach der "Sternenarie"; und doch gab es kein "Bis" wie im
Vorjahr. So erschien dann auch Angela Gheorghiu rechtzeitig zum großen
Finale . . .
Beide Stars waren diesmal bestens disponiert - sieht man
vom etwas müden, nur von einigen strahlenden Spitzentönen aufgelockerten
ersten Akt ab. Im zweiten fand die Gheorghiu in der Auseinandersetzung mit
Marco Vratognas Baron Scarpia zu dramatischer Höchstform. Die aufgeputschten
Dialoge gerieten atemberaubend, Vratognas Zynismus beeindruckte ebenso wie
das Ebenmaß, mit dem Tosca ihr "Gebet" sang: ganz verhalten beginnend, dann
immer emotioneller steigernd und in weitgeschwungene Phrasen mündend.
Erstaunlich immer wieder die vokale Wandlungsfähigkeit der Gheorghiu, die in
dieser Partie vom Schrei bis zum gehauchten Pianissimo sämtliche Register zu
ziehen imstande ist. Die exzentrische Diva muss sie ja nicht spielen . . .
. . . und apropos Pianissmi: Was die anlangt, ist Jonas Kaufmann der
unbestrittene Weltmeister. Zwar hat er keine Mühe, eruptive Ausbrüche wie
das "la vita mi costasse" im ersten, "Vittoria" im zweiten Akt mit höchster
Strahlkraft in den Saal zu katapultieren, doch berückt seine Kunst subtil
modellierter Phrasen am Rande der Hörbarkeit am allermeisten. Dass Wiens
Staatsopernorchester gerade in diesen Regionen kammermusikalisch raffiniert
Kontra gibt, veredelt einen solchen Abend zusätzlich: Debütant Elvind
Gullberg Jensen am Pult organisierte den musikalischen Fluss sicher und
gewürzt mit einigen kraftvollen dramatischen Coups (etwa der imposanten
Kräfteballung beim ersten Auftritt des Scarpia) - was angesichts der
Freiheiten, die sich die Sänger bei Puccini gern gönnen, nicht immer ein
leichtes Unterfangen ist. Chapeau . . .
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