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Vorarlberg online, 10. April 2016 |
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Puccini: Tosca, Wiener Staatsoper, 9. April 2016
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Repertoiregold “Tosca” sorgt in der Staatsoper für Jubel |
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Bryn Terfel ist das größte Schwein, das man sich vorstellen kann: Wenn der
50-jährige Waliser als Erzbösewicht Scarpia die Bühne der Wiener Staatsoper
betritt, weht ein eisiger Windhauch durchs Auditorium. Dann noch
Publikumsliebling Jonas Kaufmann als berückend schön singender Gegenspieler
Cavaradossi und Mikko Franck am Pult des Staatsopernorchester – und fertig
ist die perfekte “Tosca”.
Wenn es bei einer Repertoirevorstellung
wie Samstagabend 15 Minuten lang Applaus gibt, stand auch in der Wiener
Staatsoper nicht das Alltagsmenü am Speiseplan, sondern ein Festmahl. Und
einer der verantwortlichen Spitzenköche war eben Terfel. Als würde Hannibal
Lecter die Bühne betreten. Den für durchkomponierte Opern eher
ungewöhnlichen Zwischenapplaus nach einzelnen Passagen erhielt der
Bassbariton als Antagonist selbstredend dennoch nicht – dafür Jonas
Kaufmann.
Nach seinem berückenden “E lucevan le stelle”, Cavaradossis
Lamento vor seiner Hinrichtung, setzte das Publikum so lange zu Jubel an,
bis der Münchner aus seiner Rolle fallen musste, in Lachen ausbrach und die
Arie wiederholte. Vor allem in den dramatischen Parts entfaltet der Tenor
einen Schmelz, wie er derzeit auf der Bühne seines Gleichen sucht.
Das “Tosca”-Trio komplettierte Angela Gheorghiu. Nun ist die Schauspielerei
nicht die große Stärke der Rumänin. Sie spielt im wesentlichen Angela
Gheorghiu, und ist als Tosca vor allem damit beschäftigt, ihre wechselnden
Kleider zu raffen. Dennoch gelingt ihr durchaus eine gewisse Entwicklung
ihrer Figur von der verzogenen Diva zur Mörderin aus Liebe. Stimmlich ist am
schlanken, gut geführten Sopran der 50-Jährigen ohnehin nichts auszusetzen.
Und auch den Sprung von der Engelsburg, bei dem sich im Vorjahr Martina
Serafin eine schwerere Beinverletzung zugezogen hatte, bewältigte die
Rumänin unfallfrei.
Hinzu kam noch als überzeugende Hauskraft Ryan
Speedo Green in der Rolle des Angelotti mit ebenso kraftvollem wie warmem
Bass. Einzig die Vorstellung, dass der mächtige US-Amerikaner laut Stück in
Frauenkleidern fliehen sollte, ist ein Bild, das man vor dem geistigen Auge
nur schwerlich zusammen bekommt. Aber diese Camouflage zeigt Puccini ja auch
nicht.
Frischer Wind kam aus dem Graben, wo Mikko Franck das
Staatsopernorchester zu wildem Furor, vor allem in den Bläsern trieb. Wenn
etwa Scarpia mit seinem Blechbläsermotiv auftritt, wackelt das Haus. Dies
bedeutete zugleich nicht, dass die solistischen Passagen zwingend ebenso
forsch durchmessen wurden – meist weiß der 37-jährige Finne, seinen
Klangkörper an der richtigen Stelle auch zurückzunehmen. Nur selten fährt er
den Sängern in die Parade. Ein paar Buhs gab es am Ende trotzdem für die
Leistung des Dirigenten. Eine “Tosca” ohne allzu schmelzige Italianita ist
eben nicht jedermanns Sache.
Eine Überraschung bleibt die
Inszenierung von Margarethe Wallmann. Schließlich ist die Arbeit der vor 24
Jahren verstorbenen Regisseurin so etwas wie die große alte Dame des
Repertoires. Zum 586. Mal wurde sie am Samstagabend seit der Premiere 1958
gegeben. Und sie hat mit dem Blick durch die Zeitbrille nach wie vor
Gültigkeit. Ein wenig fühlt sich der Operngast in die Cinemascopezeit
Hollywoods mit ausladenden, farbtriefenden Leinwandepen versetzt. Dennoch
entfalten die naturalistischen Bilder Nicola Benois’ mit ihrer
illusionistischen Malerei eine nostalgische Kraft und sind als Bühnenbilder
schlicht sehr tauglich für die Sänger.
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