Musik Heute, 17. Mai 2016
(Von Martina Kausch)
 
Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg, Bayerische Staatsoper, 16. Mai 2016
Münchner “Meistersinger”-Neuinszenierung erkenntnismager bis durchschnittlich
 
Ein geteiltes Echo hat die Neuproduktion von Richard Wagners “Die Meistersinger von Nürnberg” an der Bayerischen Staatsoper beim Premierenpublikum gefunden. Regisseur David Bösch erntete am Montagabend genau soviel Buh- wie Bravorufe. Die musikalische Arbeit des Staatsorchesters unter Kirill Petrenko und der Interpreten der Hauptpartien dagegen löste einhellige Begeisterung aus.

Die Festwiese liegt als Boxring zwischen grauen Hinterhöfen, und der Flieder duftet höchstens aus der Vase. Doch auch die steht unmotiviert in einer Bühnenecke. Dafür erschießt sich Beckmesser am Ende kurz und schmerzlos, nachdem er seine Pistole eine Sekunde lang rachelustig an Hans Sachs hatte ausprobieren wollen. Zwischen Plattenbau und Kleinbusidylle der vielleicht 50er Jahre hat Regisseur Bösch seine “Meistersinger” angesiedelt. Das Ergebnis fiel erkenntnismager-durchschnittlich aus, vor allem, was das Szenische betrifft.

Während die Personenregie meist nachvollziehbar und überzeugend war, ließ das Gesamtkonzept zu wünschen übrig, denn es machte Themen und Fragen des Stücks kaum deutlich. Warum nur ist Sachs’ Schusterstube eine mobile Werkstatt, und warum findet der letzte Akt zwischen Baugerüst-ähnlichen bühnenhohen Installationen statt? Vielleicht ist es Lokalkolorit, fühlt man sich doch unter die Besucherränge etwa der Münchner Olympiahalle versetzt?

Vieles wirkte ironisch gebrochen, vieles schlicht sonderbar. Warum Sachs seine Schuhe an einem Campingtisch außerhalb seiner mobilen Werkstatt reparierte, blieb genauso Geheimnis des Regisseurs wie die Tatsache, dass der Nachtwächter hier ein Polizist aus dem Jahr 2016 war und mit seinem Schlagstock Kreuzzeichen machte. Und nur weil man “Johannistag” über die Bühne hängte, wurde eine Tradition nicht lesbar.

Viel begeisterter musste man von der musikalischen Leistung nahezu des gesamten Ensembles sein. Generalmusikdirektor Petrenko und das Bayerische Staatsorchester führten mustergültig Transparenz vor, ohne die dramatischen Linien zu vernachlässigen. Schwelgerisch in den Zwischenspielen und akribisch genau in den Dialogen ging es zu. Die Sänger trug Petrenko, exakt dynamisch ausbalanciert, meist auf Händen.

Wolfgang Koch gab einen charaktervollen liedhaften Sachs, leider mit am Ende registrierbaren stimmlichen Ermüdungserscheinungen. Jonas Kaufmann war ein souveräner Stolzing-Jungspund mit Störerqualitäten, der einen gewissen Ernst gewinnt; sein szenisches Rollendebüt in mäßig revoluzzerhafter schwarzer Lederjacke – fast ein Selbstläufer. Sixtus Beckmesser war in dieser Inszenierung ein von Ehrgeiz zerfressener und schlussendlich im Goldlameeanzug peinlich verwirrter Showman, Markus Eiche wirkte überzeugend.

Musikalisch nicht ins Konzept passte Sara Jakubiak als Eva, sie konnte ihren sehr zum Dramatischen neigenden Sopran nur stellenweise feinabstimmen. Uneingeschränkten Publikumsjubel gab es hingegen für die Musiker der Produktion.






 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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