Der Westen, 07.04.2016
Jochen Vogt
 
Puccini - Konzert in Essen, 6. April 2016
Jonas Kaufmann mit Puccini in Essens Philharmonie bejubelt
 
Leicht indisponiert, aber mächtig abgeräumt: Der Jubel für Jonas Kaufmanns Puccini-Abend in Essens Philharmonie am Mittwoch Abend war groß.

Jonas Kaufmann und Puccini: Das verspricht Balsam für die Seele. Trotz leichter Indisposition bestätigte der Lockenkopf in der prall gefüllten Essener Philharmonie seinen Rang als einer der besten Puccini-Tenöre unserer Tage.

Ein deutscher Tenor mit Qualitäten, mit denen er sich international im italienischen Fach behaupten kann, das ist ungewöhnlich. Das abgedunkelte Timbre seiner Stimme, mancher gaumig umhüllte Ton, die Brüche zwischen Kopf- und Bruststimme nicht jedermanns Sache. Die glühende Strahlkraft, aber auch die Zartheit seiner Stimme, emotionale Intensität und Charisma: Mit dieser Mischung hat Kaufmann derzeit nur wenig Konkurrenz zu fürchten. Seinen Ruhm hat er jedenfalls nicht nur einem geschickten Medien-Marketing zu verdanken.

In seinen meisten Arien fasst sich Puccini recht kurz, fordert dem Sänger allerdings in diesen komprimierten Miniaturen auf engem Raum alles ab, was von einem jugendlich-dramatischen Tenor erwartet werden kann. Das kündet sich in frühen Werken wie „Le Villi“ und „Edgar“ an, mit denen der Abend begann. Auch die beiden gebotenen Arien aus diesem Raritäten-Kabinett bieten keinen Platz zum anwärmenden Einsingen. Kaufmann stürzt sich vom ersten Ton an mit vollem Einsatz in die Liebesqualen seiner Helden.

Als „des Grieux“ konkurrenzlos gut

In einigen Piano-Passagen der höheren Lagen brach ihm zwar die Kopfstimme weg. Umso druckvoller schleuderte er die Spitzentöne heraus. Bisweilen mehr gepresst als geformt, aber immer strahlend, sicher und von Emphase getragen. Je bekannter die vokalen Leckerbissen, umso besser wurde Kaufmann. Als de Grieux in „Manon Lescaut“ ist er derzeit wohl konkurrenzlos gut. Eindrucksvoll die Steigerung in der zweiten „Tosca“-Arie (E lucevan le stelle), auch wenn er seinen Einsatz zum verständnisvollen Vergnügen des Publikums zunächst überhört hatte.

Mit Respekt vor „Nessun dorma“

Noch runder gelang ihm als Zugabe die erste Arie Cavaradossis (Recondita armonia). Die weichen Legato-Schwünge in „Addio, fiorito asil“ aus der Butterfly formte er mühelos, Kalafs Ohrwurm aus der „Turandot“ (Nessun dorma) begegnete er mit hörbarem Respekt. Jedoch mit einem Volumen, dass er sich auch von der im Wesentlichen zuverlässig, bisweilen sehr mächtig aufspielenden Staatskapelle Weimar unter Jochen Rieder nicht in Verlegenheit bringen ließ. Das Orchester sorgte mit teils ausgedehnten instrumentalen Zwischenspielen aus Puccini-Opern für etliche Verschnaufpausen.

Das Publikum überschlug sich, wie erwartet, vor Begeisterung. Es war Zeuge eines der derzeit besten Sänger im Zenit seiner Karriere.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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