Opernglas, Mai 2014
(UE)
 
Schubert: Winterreise, Berlin, Philharmonie, 1. April 2014
 
Lied? Ausverkauft!
 
 
Den Großen Saal der Berliner Philharmonie bis auf den letzten seiner rund 2.400 Plätze mit einem reinen Liedprogramm zu füllen, gelingt derzeit wahrscheinlich nur Jonas Kaufmann. Und obwohl vielen allein vom Namen des Startenors angezogenen Zuschauern kaum bewusst gewesen sein wird, worauf sie sich bei Schuberts »Winterreise« eingelassen hatten, war die Begeisterung am Ende des Konzertabends groß. Dabei hatte es Jonas Kaufmann mit einer introvertierten, ja zutiefst resignativen Interpretation des Liederzyklus weder sich noch seinen Zuhörern leicht gemacht. Keine wütende Auflehnung gegen das Schicksal war da zu spüren, sondern nur eine bis an die Grenzen des Masochismus ausgekostete, entschlossene Todessehnsucht. Mit dem vokalen Feinzeichner statt opernhaften Gefühlsausbrüchen gestaltete Kaufmann die 24 Lieder in allen denkbaren Schattierungen der Melancholie, wobei ihm sein ehemaliger Lehrer und verlässlicher Begleiter Helmut Deutsch auch diesmal am Flügel die ideale Unterstützung bot. Geschickt reihten Kaufmann und Deutsch die einzelnen Lieder fast ohne Zwischenpause aneinander, was nicht nur den Spannungsbogen aufrechterhielt, sondern auch die üblichen Hustenanfälle im Auditorium eindämmte. Nachdem die letzte Takte des zutiefst berührenden „Leiermann" verklungen waren, herrschte erst einmal betroffene Stille im Saal. Und auch Jonas Kaufmann benötigte einige Minuten, um seine Fassung wiederzuerlangen — bevor er sich sichtlich über den Jubel des Publikums freute.












 
 
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