|
|
|
|
Opernglas, April 2014
|
F. Plotkin |
|
Massenet: Werther, Metropolitan Opera, 25. Februar 2014 |
|
Werther
|
|
Die letzte Produktion von Massenets romantischer Tragödie stammte noch aus
dem Jahr 1971 — kreiert für Franco Corelli in der Titelpartie und Christa
Ludwig als Charlotte — und ist seit 1999 nicht mehr aufgeführt worden — doch
hätte es wohl weiterhin keinen neuen »Werther« an der Met gegeben, wenn
nicht ein Sänger von Jonas Kaufmanns Stimmpracht zur Verfügung gestanden
hätte. Ein weiterer Grund, der Präsenz des deutschen Tenors in der
internationalen Opernszene dankbar zu sein.
Die ursprünglich
eingeplante Charlotte war Elina Garanca gewesen — im Zusammenspiel mit Jonas
Kaufmann sicher eine vielversprechende Kombination aktueller „Star-Power" —,
die sich im Zuge ihrer Schwangerschaft jedoch aus der Produktion
zurückziehen musste. Ein exzellenter Ersatz konnte jedoch in der
französischen Mezzosopranistin Sophie Koch gefunden werden, die physische
Anmut, zurückgenommenes Schauspiel und eleganten Gesang in ihrer
Muttersprache zu ihrem Rollendebüt mitbrachte.
Kaufmanns Diktion ist
so gut, dass jeder des Französischen mächtige Zuhörer keine Übertitel
brauchte, und er war die personifizierte Empfindsamkeit als Dichter, dessen
Liebe zurückgewiesen wird. Zudem sang er auf eine kühle, selbstbeobachtende
Weise, so dass das Drama einen grundlegenden Wandel erfuhr, als er seine
stimmlichen Reserven für seine große Arie „Pourquoi me réveiller?"
entfesselte.
Doch auch die übrige Besetzung befand sich auf einem
hohen Niveau und konnte vom unterstützenden Dirigat Alain Altinoglus
profitieren. Die Produktion von Richard Eyre mit Bühnenbild und Kostümen von
Bob Howell wirkte zwar zurückhaltend, aber recht dekorativ und zudem sehr
authentisch in der Erzählung, ging keine hohen Risiken ein, spiegelte aber
die erstickende Atmosphäre einer bürgerlichen Familie, die ihre eigenen
Gefühle unterdrückt, treffend wieder.
Vor gar nicht so langer Zeit
noch hätte diese Art von traditioneller, gut gemachter Inszenierung als
mustergültig gegolten — sie erfüllt ihren Zweck vollkommen und setzt einen
idealen Rahmen für Sänger wie Kaufmann und Koch. Doch heute muss man sich
fragen, ob die Opernbranche sich schon so sehr verändert hat, dass Zuschauer
Produktionen wollen und erwarten, die unbequemer und weniger im Einklang mit
dem sind, was traditionelles Inszenieren eigentlich sein sollte. Wenn diese
Produktion auf DVD erhältlich sein sollte, wird es interessant sein zu
reflektieren, an welchem Punkt die Oper sich heute befindet und bis zu
welchem Grad ein Publikum nach altmodischeren Werten oder nach einem neuen
Konzept verlangt, selbst wenn dieses nur noch wenig Bezug zur eigentlichen
Geschichte und zum Stil des Werks vorweisen kann.
|
|
|
|
|
|