|
|
|
|
Die Presse, 15.12.2014 |
(wawe) |
|
Liederabend, Konzerthaus Wien, 13. Dezember 2014 |
|
Beanspruchter Tenorissimo: Jonas Kaufmann
|
Im Konzerthaus fand Jonas Kaufmann erst bei Liedern von Richard Strauss zur erhofften Form. |
|
Natürlich waren die Fans beglückt: Endlich wieder einmal Jonas Kaufmann! Der
international derzeit vermutlich meistumworbene und -adorierte Tenor hat
gerade in München die Premierenserie der Neuenfels-Inszenierung von „Manon
Lescaut“ hinter sich gebracht und ist auch in einer Vorstellung von
Barenboims Mailänder Abschieds-„Fidelio“ für Klaus Florian Vogt
eingesprungen; im Jänner steht in London ein neuer „Chénier“ an, zu Ostern
singt er in Salzburg unter Thielemann in den Verismo-Zwillingen
„Cavalleria“/„Pagliacci“ sowie in Verdis Requiem. In Wien sind zumal seine
Opernauftritte eher rar: An der Staatsoper war er zuletzt im Oktober 2013 in
der „Fanciulla“ zu hören und fehlt in dieser Saison ganz. So stürmt das
Publikum seine Liederabende – im Mai im Musikverein, nun im Konzerthaus.
Schön, dass Kaufmann die großen Säle füllen kann. Dem so wertvollen Genre,
für das er sich mit aller künstlerischen Seriosität einsetzt, bekommt der
Verlust des kleinen Kreises weniger – zumal, wenn eine mehrheitlich intime
Sammlung wie Schumanns Kerner-Lieder auf dem Programm steht.
Rauer Beiklang, späte Ruhe
Kaufmann trat offenbar nicht in
allerbester Form an. Erst nach und nach konnte er einen rauen Beiklang
überwinden und mehr Geschmeidigkeit erlangen – ein stimmlicher Tribut, den
er dem eingelegten Florestan-Zwischenspurt in der Scala zu zollen hatte? Wo
er sich in weichere Kantilenen schmiegen konnte, etwa in „Sehnsucht nach der
Waldgegend“, tönte er runder, und nach dem mit Stentorkräften und „aus
voller Menschenbrust“ geschmetterten Höhepunkt der „Stillen Tränen“ fand er
in den letzten beiden Nummern die nötige Ruhe und Schlichtheit.
Exaltation und spezifische Zurückhaltung eines Richard Strauss liegen ihm
besser als Schumanns Innerlichkeit: Ein seltenes Vergnügen, die
Gilm-Vertonungen des Opus 10 einmal komplett zu hören, sogar einschließlich
des erst posthum veröffentlichten Liedes „Wer hat's getan“ und abgeschlossen
von einem unsentimental-frisch genommenen „Allerseelen“. Hier, noch mehr
aber im folgenden Bukett an Liebesgesängen sowie den drei Zugaben („Morgen“,
„Cäcilie“ sowie mit „Mondnacht“ nochmals Schumann) beeindruckten nicht nur
Kaufmanns heldischer Aplomb, auch der nuancierte Vortrag. Stets ein treuer
Kompagnon, wagte da auch Helmut Deutsch am Klavier an den Kulminationen der
Strauss'schen Liedszenen endlich jenen Griff ins Volle, den er sich bei
Schumann diskret versagt hatte. (wawe)
|
|
|
|
|
|