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Kurier, 16.11.2014 |
Gert Korentschnig |
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Puccini: Manon Lescaut, Bayerische Staatsoper, München, 15. November 2014 |
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"Manon Lescaut": Am Ende geht es doch um Liebe
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Jonas Kaufmann brilliert in der klugen „Manon Lescaut“-Deutung von Hans Neuenfels. |
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Große Sänger und neue szenische Zugänge – das regelmäßige Bemühen um die
Vereinbarkeit dieser beiden für den Opernbetrieb so wichtigen Kategorien
hatte die Bayerische Staatsoper zuletzt zum "Opernhaus des Jahres" gemacht.
Auch die Neuproduktion von Giacomo Puccinis "Manon Lescaut" beweist die
Richtigkeit dieses Weges. Trotz der Absage von Anna Netrebko im Vorfeld, die
– das darf man nach der Premiere am Samstag getrost behaupten – zumindest
aus szenischen Gründen nicht notwendig gewesen wäre. Netrebko-los machten
jedoch ein Altmeister (Hans Neuenfels) und ein Großmeister (Jonas Kaufmann
in Traumform) den Abend zum Triumph.
Zurück zum Original
Neuenfels setzt auf einen ebenso simplen wie genialen Kunstgriff. Er
lässt, in den Momenten der Ruhe, Zitate aus der literarischen Vorlage von
Abbé Prevost einblenden. Teils lange Textpassagen, die die Geschichte der
kapital-fixierten Manon und des von der Liebe verwirrten Des Grieux besser
erklären. Im Original (und bei Neuenfels) ist er brutaler als üblicherweise
auf den Bühnen gezeigt, auf Ego-Trip, auf der Suche nach dem Sinn. In der
Liebe glaubt er ihn zu finden.
Die Inszenierung ist ebenso kalt,
entkitscht, ohne Puccini-Pathos wie die schwarz-weiße Bühne (Stefan Mayer).
Erst am Ende, ehe Manon in der Wüste stirbt (bei Neuenfels im grellen
Neonlicht), scheint Liebe möglich, und die Protagonisten spielen diese
zutiefst berührend. Neuenfels misstraut vordergründigen Gefühlen, der
Scheinwelt, die uns umgibt – um dann doch als Bilanz einen geradezu
romantischen Schlusspunkt zu setzen.
Meisterhaft geht er mit dem Chor
um, auch wenn er sich von den Ratten von seinem Bayreuther "Lohengrin" (den
Ihr Rezensent gar nicht geschätzt hat) noch nicht ganz getrennt zu haben
scheint. Diesmal sind die Choristen eine Mischung aus Clowns mit roten
Haaren und ausgestopften Kostümen, angeführt von Edmondo (sehr gut: Dean
Power) als Zirkusdirektor, dressierten Tieren und Hofdamen. Neuenfels macht
aus ihnen eine anonyme Masse, die wie in der antiken Tragödie das Geschehen
kommentiert.
Er schafft die Balance aus Ernsthaftigkeit und Ironie.
Spektakulär an seiner Regie ist das Unspektakuläre, Seriöse und gar nicht
Provokante. Dass er dennoch ausgebuht wurde, gehört seinesfalls fast schon
zum guten Ton. Neue Maßstäbe
Phänomenal ist Jonas Kaufmann als Des
Grieux. Sein baritonales Timbre, seine Gestaltungskraft, seine
Phrasierungskunst, seine fabelhafte Höhe – all das passt perfekt zu dieser
anspruchsvollen Rolle. Der Tenor mit Stammhaus München ist gerade dabei, mit
so gut wie all seinen Partien Interpretationsgeschichte mitzuschreiben.
Kristine Opolais, die Einspringerin für Netrebko als Manon Lescaut,
spielt aufopferungsvoll, harmoniert gut mit Kaufmann und agiert am Ende,
wenn sie aussieht wie ein Zombie aus "The Walking Dead", völlig uneitel.
Stimmlich hat sie in den tieferen Lagen nicht allzu viel zu bieten, in den
höheren wird ihr nicht sonderlich großer Sopran rasch schrill. In der großen
Münchener Oper stößt sie an ihre Grenzen. Markus Eiche als Lescaut ist
ebenso gut besetzt wie Roland Bracht als Geronte.
Allerdings gibt es
bei dieser Aufführung ein gewichtiges Manko: Die orchestrale Gestaltung
unter Alain Altinoglu lässt sehr viele Wünsche offen, klanglich wie
interpretatorisch. Das Niveau auf der Bühne fällt musikalisch in einen
tiefen Graben.
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