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Der Neue Merker
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Verdi: Il trovatore, Bayerische Staatsoper, 12. November 2013 |
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„IL TROVATORE“ – 12.11.2013 – Alternativbesetzungen
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Es hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt, zur 2. Serie von Olivier Pys
Trovatore-Version zu gehen. Manches, worüber man sich vielleicht beim ersten
Besehen geärgert haben mag, nahm man nun mit einem Schmunzeln oder gar
Lachen hin. Die Nackedeis (Azucenas Mutter, in etwas entgruselter
Personifizierung, und eine Tänzerin) tragen der Ästhetik zuliebe hautfarbene
Stringtangas; der Leonora im vorletzten Bild geleitende schwarze Geist hält
sich dezenter zurück. Das nie klappen wollende Timing zu Manricos „Infida!“
nach dem Ständchen im 1. Akt singt selbiger nun aus einer Seitenluke der
Aufbauten, um zum Terzett dann rechtzeitig auf der Bildfläche zu erscheinen.
Leonora trägt die hässliche Brille, welche ihre Blindheit (?)
verdeutlichen soll, nur einmal, beim ersten Auftritt, dann erleben wir eine
wunderbare Nachtwandlerin von Krassimira Stoyanova. Wie sie diese blinde
Leonora darstellt, ist in höchstem Maße überzeugend und ergreifend, was
ebenso für ihren Gesang gilt. In Stoyanovas Sopran schwingt all das große
Gefühl mit, das ich bei der kunstvoll singenden Harteros so vermisste. War
eigentlich der neue Bariton Ursache meines Aufführungsbesuches gewesen, so
war es nun die Stoyanova, die mit ihrem intensiv überzeugenden
Rollenportrait und ihrem ausdruckstarken Gesang zum Ereignis wurde. Offenbar
empfanden das die Zuschauer ebenso, denn das Haus bebte bei ihrem
Schlussapplaus.
Der für München neue Bariton/Graf Luna ist Vitaliy
Bilyy aus der Ukraine. Die Hörtests auf Youtube versprachen sehr viel. Die
Bemerkung eines Kritikers nach der ersten Aufführung, Bilyy habe „sehr
verhalten“ begonnen, reizte den Sänger offenbar zu größerem Stimmeinsatz.
Aber gleich so sehr, dass er eigentlich den ganzen Abend über mit
chronischem Überdruck sang, anstatt seinen potenten Bariton einfach mal
richtig schön „strömen“ zu lassen. Nichtsdestotrotz wurde auch er vom
Publikum gefeiert. – Eine begrüßenswerte Änderung gegenüber der „wobbelnden“
Premierenbesetzung (K. Youn) gab es bei der Rolle des Ferrando: Goran Juriċ
überzeugte vollkommen, mit seinem kernigen Bass ebenso wie darstellerisch. –
Azucena war, wie bei der Premiere, Elena Manistina mit ihrem aufregend
gurrenden Mezzo und intensivem Spiel rund um ihren Manrico.
Manrico,
il Trovatore = Jonas Kaufmann. Deshalb waren sämtliche Aufführungen auch bei
der 2. Serie in kürzester Zeit total ausverkauft. Wer an diesem Tenor als
Verdi-Interpret herummäkelt, beweist damit eindeutig seine diesbezügliche
Inkompetenz, ja, begeht vielleicht gar ein „Sakrileg“. Man muss wirklich
froh und dankbar sein, dass die Opernwelt gegenwärtig in ihm ein derart
tolles tenorales Gesamtkunstwerk hat. Und für Verdi zumal, da ist alles da:
Kraft, Höhenstrahl, der berühmte Squillo, ein wunderbares Legato und die
Fähigkeit zu Crescendo und Diminuendo nach Belieben. Dazu Kaufmanns Aufgehen
in jeder seiner Rollen (von der Optik ganz zu schweigen); ganz egal, was ihm
von der jeweiligen Regie auferlegt wird, er macht immer was draus. Hier war
das Zusammenspiel mit der Stoyanova besonders einnehmend und berührend. –
Paolo Carignani untermauerte das Schauerdrama zusammen mit dem Bayerischen
Staatsorchester mit der nötigen musikalischen Dramatik.
Und
schließlich die finalen Jubelorgien samt Begeisterungs-Getrampel für alle –
sie hatten es sich verdient.
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