Pamino Klassik Online, 18.7.2013
Von Christine Gehringer
 
Baden-Baden: Saisonabschluss-Gala, Elina Garanča - Jonas Kaufmann, 12. und 14. Juli 2013
Seltene Klangschönheit
 
 
Elina Garanca und Jonas Kaufmann mit umjubeltem Gala-Auftritt im Festspielhaus Baden-Baden
 
Es war ein Abend, der das oft gebrauchte Prädikat "Gala" tatsächlich mehr als verdiente. Die lettische Mezzosopranistin Elina Garanca und der bayerische Star-Tenor Jonas Kaufmann im Festspielhaus Baden-Baden - das garantiert nicht nur ein volles Haus. Nein. mit diesen beiden Künstlern erlebte man auch ein Konzert in seltener Perfektion und Klangschönheit.

Begrüßenswert ist auch, dass man in Baden-Baden ganz generell unter einem Gala-Abend offenbar nicht nur die rasche, oft zusammenhanglose Abfolge beliebter Arien und Duette von Donizetti bis Puccini versteht. Vielmehr "beschränkten" sich Kaufmann und Garanca auf die Komponisten Massenet, Bizet und Mascagni - und bescherten dafür dem Publikum ganze Szenen aus "Werther", "Carmen" und aus "Cavallerina Rusticana". Packende Szenen, sorgfältige musikalische Bilder, auf die sich die beiden jedesmal mit neuer Hingabe einließen.
Bewährter Partner war einmal mehr die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern mit ihrem Chefdirigenten Karel Mark Chichon, der zugleich auch Garancas Ehemann ist.

Weiche Cello-Melodiebögen und zugespitzte Klänge eröffnen die Prélude zum ersten Akt in "Werther"; sinnliche, sphärische Geigen umspielen danach die beiden Singstimmen. Dass Massenets Musik in ihrer feinsten Innerlichkeit dargestellt wird, ist unter anderem auch dem Orchester zu verdanken, das keineswegs nur der begleitende Klangkörper zweier Stars ist.
Im "Bacchanal" aus Camille Saint-Saens' Oper "Samson und Dalila", das so wirkte, als müsste man jede emotionale Hochspannung noch rasch ausfegen, um sich anschließend ganz den Stürmen zwischen Don José und Carmen widmen zu können - in diesem "Bacchanal" sprühen regelrecht die Funken. Das Publikum reagiert auf das Orchester ebenso laut und begeistert wie auf die beiden Sänger.

Während der Blick beim "Werther" -Vorspiel noch auf das Orchester gerichtet ist, kommen Jonas Kaufmann und Elina Garanca fast unbemerkt herein: In einer innigen Vertrautheit, händchenhaltend. Das ist keine Bühnen-Show fürs Publikum, das ist echte Darstellung, das ist Szene durch und durch - ebenso wie die leidenschaftliche Atmosphäre, die in jeder Note in "Il faut nous séparer" aufblitzt: Das Aufgewühlte, das Glutvolle in der Musik, dabei die zarten und leuchtenden Farben - das alles gelingt den beiden perfekt. Anfangs, so meint man, hört man in Jonas Kaufmanns Tenor eine leichte Anstrengung im Pianobereich. Aber dieser Eindruck verliert sich bald.

Wie er gerade aus diesen aquarellartigen, leisen Klängen seine stählernen Spitzentöne entwickelt (besonders im zugegebenen Richard-Tauber-Lied "Du bis die Welt für mich"), wie er seinem Gesang mit der erdigen Bariton-Färbung eine bemerkenswerte Note gibt - das ist einfach großartig.

Dasselbe gilt für Elina Garanca. Luftig und flockig klingt ihr Mezzosopran in vielen Passagen, wie weich gezeichnet, doch nie verliert er dabei seine Klarheit. Die Stimme ist rein und ungetrübt - ganz gleich, ob nun die dunklere Mezzo-Farbe oder der helle, fast sopran-artige Schimmer überwiegt. Im Fortissimo - und das gilt für beide Sänger - hat man nie das Gefühl, dass mit zuviel Druck und Kraft gearbeitet wird. Selbst wenn beide bis zum Äußersten gehen und man das Metall heraushört, schleichen sich nie Schärfen ein, klingen beide Stimmen noch rund und flexibel.

Diese Qualitäten spielen sie vor allem im dramatischen Schlussduett aus "Carmen" aus. Hinreißend auch, wie sie dabei ihre Rollen verkörpern: Don José, der Carmen auf gefährliche Art verfallen ist. Carmen wiederum bleibt die Kühle, Stolze, die freiheitsliebende Verführerin. Elina Garanca erweckt hier den Anschein, als sei Carmen eine Art Vulkan unter dem Eisberg.

Ganz anders das Eifersuchtsdrama um Turiddu und Santuzza in Pietro Mascagnis "Cavallerina Rusticana" (im Übrigen großartig ergänzt durch das obligatorische, aber ohne jeden Kitsch gespielte "Intermezzo sinfonico").

In diesem Eifersuchtsdrama wird alles nach Außen gekehrt; Santuzzas heftiges Misstrauen, Turiddus Wut - aber immer in edelster Klangkultur.

Und für das süße Baiser-Häubchen in diesem Programm ist schließlich auch noch Platz. "Non ti scordar di me" von Ernesto De Curtis ist ein Filmschlager aus den Dreißigern, und hier legen die beiden - sehr zur Freude des Publikums - einen langsamen Walzer aufs Parkett. Die letzte, lautstark erklatschte Zugabe scheint das Repertoire dann merklich zu erschöpfen. Als Kehraus bleibt nur noch das überstrapazierte "Trinklied" aus "Traviata". Als die Celli zum bekannten Dreiertakt ansetzen, lacht auch das Publikum.














 
 
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