Baden online, 16.07.2013
Dietrich Mack
 
Baden-Baden: Saisonabschluss-Gala, Elina Garanča - Jonas Kaufmann, 12. und 14. Juli 2013
 
Liebe, Tod und Jubel in einer Sommernacht
 
 
Gala des Festspielhauses Baden-Baden: Applaus für die Solisten Elina Garanca und Jonas Kaufmann

Um es vorwegzunehmen: Es war vor allem eine großartige Show. Der Gala-Abend im Festspielhaus Baden-Baden scheint zu beweisen, dass Kultur und damit auch klassische Musik vor allem als gesellschaftliches Event überleben.

Baden-Baden. Während Orchester fusioniert, Tanztheater gestrichen, Musikunterricht marginalisiert werden, blüht die Eventkultur. Mit Bussen war das Festspielhaus umzingelt, Gruppen aus Paderborn, aus Italien. Packagetouren, all inclusive. Man sprach Russisch, Französisch, Italienisch, fotografierte unentwegt und jubelte besonders laut bei den lauten Stellen. Man hatte hohe Eintrittspreise bezahlt und wollte auf seine Kosten kommen, und man kam auf seine Kosten: Auf der Bühne standen zwei ebenso teure wie treue Stars: Elina Garanca und Jonas Kaufmann. Sie verzaubert seit neun Jahren in Baden-Baden, ist mit ihren 37 Jahren immer noch eine mädchenhafte Diva. Er sprang 2009 im »Rosenkavalier« ein, ließ sich die sehr kleine, sehr feine Rolle des »Sängers« vergolden und ist mit seinen 44 Jahren noch immer der ideale Schwiegersohn und umbuhlte Liebhaber. Damen in reifen Jahren verwöhnten leider nur ihn mit Blumen. Herren scheinen schüchterner zu sein. So weit die äußeren Dinge. Auf dem Programm standen Arien und Duette aus der Oper »Werther« von Jules Massenet, aus »Cavalleria Rusticana« von Pietro Mascagni und das finale Duett aus »Carmen«. Verbunden wurden diese Szenen durch effektvolle Orchesterstücke: aus »Samson et Dalila« von Camille Saint-Saëns das Bacchanal mit der raffinierten, an Wagner erinnernden Exotik, und aus Verdis »Sizilianischer Vesper« die spektakuläre, Meyerbeer übertrumpfende Ouvertüre. Beide Stücke boten der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern reichlich Gelegenheit, sich auszutoben. Das Orchester ist groß, etwas profillos, kein gutes Beispiel für eine Fusion. Am Pult stand Garancas Ehemann, der Engländer Karel Mark Chichon. Er ist kein Zampano, dirigiert verhalten, aber immer sauber und kontrolliert. »Werther« ist die Geschichte eines liebeskranken Tenors; das ist, meinte der rabiate Bernhard Shaw, ziemlich langweilig und verkannte dabei das innere Drama Charlottes. Während der Tenor Jonas Kaufmann in den zwei Duetten draufgängerisch von Liebe und Leid singt, zögert und zagt Charlotte, wandelt sich von ihrem einfachen Liedton zu dramatischer Emphase. Diese Wandlung gelingt Elina Garanca überzeugend. Das ist schwieriger als das strahlende Belcanto des Tenors, dem der Beifall sicher ist. In der »Cavalleria Rusticana« geht es bodenständiger zu. Die Handlung folgt dem Verismo, die Musik dem melodischen Belcanto. Schön gesungen Aber Bauern sind weder Elina Garanca als Santuzza noch Jonas Kaufmann als Turridu. Sie sind elegante, schöne Menschen, die behaupten, zu lieben und zu leiden. Das gilt auch für Carmens Sterbeszene. Man muss die Augen schließen und hören, wie verzweifelt Don José ist, wie er innerlich stirbt, wenn er die stolze Carmen erdolcht. Alles schön gesungen, alles wenig glaubwürdig. Das ist der Preis einer konzertanten Darbietung. Carmen, Werther und Turridu sterben; Charlotte und Santuzza retten sich in eine Ohnmacht. Viel Blut in dieser Sommernacht. Aber so ist eben Oper: Liebe und Tod, wenig mehr. Die Zugaben waren versöhnlicher, ja selig wie »Du bist die ganze Welt für mich« von Richard Tauber. Das Publikum jubelte, und man wusste nicht, ob über die Stars oder auch über sich selbst.













 
 
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