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Abendzeitung, 14.08.2013
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Robert Braunmüller |
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Verdi: Don Carlo, Salzburger Festspiele, 13. August 2013 |
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Verdis "Don Carlo" mit Jonas Kaufmann und Anja Harteros bei den Salzburger Festspielen
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Das Münchner Verdi-Traumpaar und der Dirigent Antonio Pappano
begeisterten im Großen Festspielhaus, Peter Steins Inszenierung blieb
belanglos |
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Das ist Salzburger Festspiel-Luxus: In der Felsenreitschule sangen am
Dienstag abend zum letzten Mal Anna Netrebko und Placido Domingo in
„Giovanna d‘Arco“. Nebenan, im Großen Festspielhaus, hatte zur gleichen Zeit
ein anderer Verdi Premiere: die hochkarätig besetzte Neuinszenierung von
„Don Carlos“ Anja Harteros und Jonas Kaufmann.
Allerdings konnten nur
der Dirigent Antonio Pappano und Münchens „Trovatore“- und „Don
Carlo“-Traumpaar die hochgespannten Erwartungen erfüllen. Kaufmanns dunkler
Tenor passt hervorragend zum melancholischen Infanten. Er spielt die
Entwickung vom draufgängerischen Liebhaber zum vom Leben enttäuschten Mann
glaubhaft. Die Harteros sang wie immer intensiv und einer leichten Träne der
Vergeblichkeit in der Stimme. Ihre Arie „Tu che le vanità“ im letzten Akt
war der Höhepunkt der Aufführung. Und die beiden sind dank der Münchner
Aufführungen perfekt aufeinander eingespielt.
Bei Verdis „Don Carlo“
kommt es auf ein perfektes Ensemble an. Die Russin Ekatarina Semenchuk
prunkte mit einem üppigen, aber sehr kontrolliert eingesetzten Mezzo als
Eboli: eine Entdeckung. Thomas Hampson brachte als Posa die Summe seiner
Erfahrung ein. Aber mittlerweile liegt ein Grauschleier über seinem Bariton,
und sein Abschied bewegte nicht.
Die tiefen Männerstimmen
enttäuschten. Matti Salminen sang den Philipp mit einer gealterten Stimme
steif und trocken, statt mit der Stimme einen alten Mann darzustellen: ein
Mißverständnis. In der Arie erzählte das Solo-Cello mehr von seinem
verpassten Leben als der dürre Gesang. Ohnehin würde sein Timbre besser zum
Großinquisitor passen, den Eric Halfvarson grobschlächig und rauh bellte.
Robert Lloyd, früher selbst ein berühmter Philipp, lieh seine Autorität und
die schönen Reste seiner Stimme dem alten Mönch.
Es hat zwischen Otto
Schenk und Willy Decker schon viele Regisseure gegeben, die mit historischen
Kostümen auch die schwarz-spanische Stimmung dieser Oper vermitteln konnten.
Peter Stein interessiert mittlerweile nur noch das Ornament. Seine
Chorszenen sehen aus wie in einer x-beliebigen Repertoirevorstellung, und in
jeder oberbayerischen Fronleichnamsprozession wird geschickter mit dem
Baldachin hantiert als beim Auftritt des Königs im Autodafé. Stein
schlenderte gemütlich auf den Spuren des seligen Herbert von Karajan durch
diese Oper, der allerdings bessere Bühnenbildner beschäftigte als den
fantasielosen Ferdinand Wögerbauer.
Der heimliche Regisseur sitzt im
Graben: Antonio Pappano bringt mit den Wiener Philharmonikern italienisches
Brio und interpretierende Intelligenz ideal zusammen. Das Orchester erzählt,
was die Regie verschweigt. Das ist sensationell, und deshalb lohnt es sich,
am Freitag ab 20.15 Arte oder ORF 2 einzuschalten. Aber das Beste, Anja
Harteros und Jonas Kaufmann, haben eifrige Münchner Operngänger mit einem
besseren König Philipp bereits im „Don Carlo“ der Bayerischen Staatsoper
erlebt.
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