Opernglas, Juli/August 2013
M. Lehnert
 
Eva Marton Gala, Budapest, 16. Juni 2013
 
Große Gala zum 70.
 
 
Mit einer großen Operngala und einer Ausstellung im Opernhaus feierte Budapest den siebzigsten Geburtstag von Sopranstar Eva Marton. In einer Live-Übertragung im Fernsehen und im Rundfunk sowie auf zwei große Leinwände vor der Basilika, vor allem aber mit einem sinnhaften Programm, das gekonnt Stars und Nachwuchs miteinander vereinte, gelang eine beeindruckende Hommage an eine einzigartige Karriere. Sie wurde moderiert vom Direktor des Hauses Okovacs Szilveszter und Andras Batta, dem Autor eines neuen Buches über die Sängerin, das im Herbst im Parthas-Verlag erscheint. Nach der stürmischen Begrüßung im Scheinwerferkegel zum berühmten Galopp in der vom Opernorchester unter der Leitung von Ondrej Lenard intonierten »Tell«-Ouvertüre nahm die Diva Platz in der Proszeniumsloge und genoss das abwechslungsreiche Konzert. Gleich zu Beginn stimmte Grace Bumbry mit verblüffender Schattierungskunst Paul Ankas „My Way" an und hatte sogleich das Stimmungsbarometer im goldenen Saal des historischen Opernhauses für die nächsten 140 Minuten auf „High Level" gedreht. Es gleicht einem kleinen Wunder, mit welcher Kontrolle da noch bis ins Feinste modulierte Farbwechsel der Stimme umgesetzt werden können, die jedem jungen Sänger ein Beispiel geben. Riesenjubel für sie auch nach „Aranjuez, Mon Amour", der Vokaladaptation des berühmten Adagios aus dem Gitarrenkonzert von Joaquin Rodrigo.

Eva Marton ist inzwischen auch eine viel gefragte Gesangspädagogin geworden, und vier ihrer Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und zum Teil bereits sehr aktiv an der Budapester Staatsoper zu erleben, bestritten einen Teil des Programms, das in der Arien- und Komponistenauswahl stets in Bezug zu einzelnen Karrierestationen stand, illustriert von im Hintergrund wechselnden Fotoeinblendungen und vermittelt von einer launigen Moderation. Von bereits international konkurrenzfähigem Niveau ragte der „unverdorbene", mit geschliffener Abrundung gestaltende Levente Molnar mit einem famosen „Lied an den Abendstern" und im Duett Posa/Carlo ebenso heraus wie der in allen Registern so gut durchgebildete hohe Mezzosopran von Szilvia Vörös, die mit dem „Don fatale" der Eboli zu Ovationen hinriss. Zuverlässig der Tenor Daniel Pataky (Lenski/Don Carlo) und noch ein wenig unterdimensioniert Rita Racz als sehr leichter (Koloratur-) Sopran mit der Arie der Melinda aus »Bánk Bán«, der ungarischen Nationaloper von Ferenc Erkel, und der „Großmächtigen Prinzessin" aus »Ariadne auf Naxos«, charmant serviert von der hübsch dekorierten großen Bühne in Richtung Proszeniumsloge. Die klug gewählte reine Klavierbegleitung stand für die intimere Geste des Studierens und Musizierens in einer jeden Karriere, der mit einer sehr frühen Einspielung von Isoldes Liebestod von der Marton geballte Stimmkraft gegenüberstand, zu dem mit einem Pas de deux auch Mitglieder des Staatsballettes ihre Referenz erweisen konnten.

Das Opernglück perfekt schließlich machte Jonas Kaufmann bei seinem Budapest-Debüt. Ihm gelangen an diesem einen Abend gleich drei ganz unterschiedliche Arien und Stilrichtungen in einer Perfektion, die seinen augenblicklichen berechtigten Spitzenstatus unter den weltbesten Tenören auf ein immer breiter werdendes Fundament stellte. In Andrea Cheniers „Un di all'azzurro spazio" kann man nichts besser machen, wenn man wie Kaufmann die baritonale Schönheit der Stimme in einer mühelos auf dem sehr langen Atem hervorflutenden Höhe aufblühen lässt. Wie wichtig die Atemtechnik für den durchdachten und hochkonzentrierten stimmlichen Aufbau einer Paradenummer ist, demonstrierte dann die bis zum „Gral" streng im Piano gehaltene Erzählung des Lohengrin, in der Dynamik klug überwacht von Dirigent und Orchester in deren zweitem Teil der Tenor dann jenen strahlenden Trompetenglanz in der Höhe verströmte, der den Vortrag krönte.

Die Stimmung im Saal war also auf dem Höhepunkt, als das Geburtstagskind dann doch noch einmal selbst die Opernbühne betrat und mit den aus ungezählten »Tosca«. Aufführungen vertrauten Phrasierungen eines zu Herzen gehenden „Vissi d'arte" dem internationalen Publikum sein künstlerisches Credo zusang. Standing Ovations, bevor Kaufmann als Womanizer mit einem auf den Punkt gesungenen „Dein ist mein ganzes Herz" vor der Marton niederkniete, um ihr eine Rose zu überreichen. Gerührt, aber auch mit ihrem gewohnt komischen Talent nahm diese all die Huldigungen entgegen und entließ ein glückliches Publikum nach einer wie selten abgerundet gelungenen Gala.













 
 
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