Kronen Zeitung, 3.9.2012
VOLKMAR PARSCHALK
 
Verdi: Messa da Requiem, Salzburg, 1. September 2012
 
Requiem als gewaltiges Klangtheater
 
Daniel Barenboim, der vielseitige, bravouröse Pianist und einer der bedeutendsten Dirigenten, der der Berliner Staatsoper und der Mailänder Scala als Musikchef sowie einigen internationalen Orchestern wie dem West-Eastern Divan Orchestra eng verbunden ist, war heuer auch einer wichtigsten Stars der Festspiele. Ihm hat Intendant Alexander Pereira Verdis "Messa da Requiem" am vorletzten Tag anvertraut- wohl auch um zu demonstrieren, dass bei den Festspielen prominente Künstler auch dem Ausklang musikalisches Schwergewicht gaben. Barenboim ist dem Orchestra della Scala di Milano, das seinen Schliff und seine Musizierkultur schon unter Riccardo Muti erworben hat, eng verbunden.

An Verdi konnten die Musiker, hier in Riesenbesetzung, ihre Kraft, ihren Elan und ihre feine Klangkultur demonstrieren. Und gemäß Verdis und Barenboims Anweisungen großes Klangtheater mit enormen Steigerungen, aber auch feiner Lyrik und berührender Melancholie inszenieren. Bestens in Form erwies sich auch der von Bruno Casoni geleitete hundertköpfige Chor der Scala, der in den großen Eruptionen - wie dem Dies irae - gewaltige Klanggemälde bot.

Dominiert wurde diese theatralische Weltgerichts-Vision und Klage von einem Spitzenquartett internationaler Solisten: Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass Pereira für diese "Oper im liturgischen Gewand" vier der besten Opernstars aufgeboten hat, die an ihren Partien unter Barenboims subtiler Führung wunderbar verinnerlichten Ausdruck entfalteten. Wobei Barenboim alle Strahlkraft und alle Valeurs der Stimmen mit sicherem Gespür zur Geltung bringt. Das prächtige Fundament dieses Quartetts bot der voluminöse, dunkel leuchtende Bass von René Pape, einem langjährigen Liebling des Salzburger Festspielpublikums. Der deutsche Tenor Jonas Kaufmann glänzte im "Ingemisco" mit idealer Phrasierung und warm leuchtender Höhe. Elina Garanca setzte ihren pastosen Mezzo sehr zurückhaltend mit feiner Einfühlung ein, dominierte aber in ihren ausdrucksvollen Soli das Quartett. Über allem Musizieren schwebte die kostbar timbrierte Stimme von Anja Harteros, einer der schönsten Sopranstimmen der internationalen Opernszene: Wunderbar mischte sich ihr tröstliches "Libera me" zuletzt mit dem Chor.






 
 
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