Abendzeitung, 17.3.2012
Volker Boser
 
Konzert, München, 15. März 2012
 
Strahlkraft mit Ladehemmungen
 
Jonas Kaufmann mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter Andris Nelsons
 
Es wird kein Zufall gewesen sein, dass der Intendant der Münchner Philharmoniker ins Konzert gekommen war: Ob BR-Symphoniker oder Philharmoniker - beide müssen sich Gedanken um die Zukunft machen. Und der lettische Dirigent, ein Schüler von Mariss Jansons, wäre sicher eine Option.

Seit 2008 leitet Andris Nelsons das City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO), mit dem er jetzt in der gut besuchten Philharmonie gastierte. Zeit genug also, um den
Musikern, die sich mit dem BR-Fagottisten Marco Postinghel verstärkt hatten, Prägendes beizubringen. Umso überraschender war es, Debussys „La Mer" derart unpräzise, verwaschen und ohne klangliche Überzeugungskraft vorgeführt zu bekommen.

Nelsons Gesten sind nicht allzu deutlich. Sie verlangen erhöhte Konzentration, was den Gästen an diesem Abend schwer zu fallen schien. Immer wieder gab es kleinere Ungenauigkeiten bei den Bläsern. Den Streichern fehlten Glanz und Wärme. Eindrücke, die erst beim Schlussstück - der zweiten Suite aus Ravels „Daphnis et Chloé" - korrigiert werden konnten. Da gelang eine sowohl atmosphärisch wie handwerklich untadelige Aufführung.

Stargast war Jonas Kaufmann mit Mahlers „Kindertotenliedern" und einer Richard Strauss-Auswahl. In den ruhigen Momenten sprang die Stimme bisweilen reichlich schwer an (Mahlers „Oft denk ich, sie sind nur ausgegangen"), strahlte immer nur dann, wenn kräftiges Aussingen gefragt war (Strauss' „Cäcilie"). Vielleicht sollte der Tenor
ein wenig kürzer treten: In zwei Wochen wird er bei den Salzburger Osterfestspielen als Don José in Bizets „Carmen" zu erleben sein.






 
 
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