DER OPERNFREUND
Hermann Becke
 
Liederabend, Graz, Stephaniensaal, 15. Februar 2012
 
Jonas Kaufmann – überragend!
 
Liederabend im Musikverein für Steiermark am 15.2.2012
 
Jonas Kaufmann reist derzeit mit einem Lieder-Programm durch Europa. Zwischen Wien (13.2.) und den Terminen in Berlin (17.2.) und Paris (20.2.) präsentierte er sich in Graz im übervollen Stephaniensaal als überragende Sängerpersönlichkeit.

Nach dem heldentenoralen Beginn mit Liszts „Vergiftet sind meine Lieder“ konnte man noch meinen, Jonas Kaufmann werde vor allem sein prachtvolles, dunkel-timbriertes Material mit den strahlenden Höhen demonstrieren. Aber rasch zeigte sich, dass Jonas Kaufmann sehr differenziert zu gestalten weiß. Herrliche Pianophrasen, nahtlose Crescendi und Decrescendi in allen Lagen und eine hervorragende, unmanirierte Wortdeutlichkeit (ohne jegliche „Konsonantenspuckerei“!) veredelten die sechs Liszt-Lieder und berührten in den fünf Mahler-Liedern (speziell in „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ und in „Um Mitternacht“). Das Publikum reagierte schon in der Pause mit begeisterten Bravo-Rufen.

Nach der Pause zunächst vier Lieder von Henri Duparc. Da traf Jonas Kaufmann perfekt den französischen Ton. Die Duparc-Lieder liegen Jonas Kaufmann besonders am Herzen – wie man den Interviews entnehmen kann. Dies kann man vollauf verstehen. Als Beispiel sei auf Baudelaires „La vie antérieure“ eingegangen, das am Ende der Duparc-Gruppe stand: Das Lied beginnt in ruhiger Versunkenheit und steigert sich zu triumphierendem Ausbruch. Hier konnte Kaufmann alle seine Stärken ausspielen: wehmütig-dunkle Pianobögen werden mit einem geradezu endlos dünkendem Atem zum strahlenden Forte geführt.

Und zum Schluß sechs Lieder von Richard Strauss:
Beginnend mit dem lebendig gezeichneten „Schlechten Wetter“ über die „Heimliche Aufforderung“ und das in großer Ruhe und mit wunderbarer Atemführung gestaltete „Morgen“ bis zur jubelnden „Cäcilie“.

Aber nun ist es an der Zeit, auch den ebenso überragenden Liedbegleiter Helmut Deutsch zu würdigen: Er ist heute zweifellos einer bedeutendsten Liedgestalter und Partner von Generationen großer Sängerinnen und Sänger (und seit 40 Jahren regelmäßiger Gast bei den Liederabenden in Graz!). Wie wunderbar und farbenreich er beispielsweise in den Mahler-Liedern die Singstimme begleitet und trägt und dann im Nachspiel die Spannung weiter- und die Melodie herausführt – großartig!

Der Jubel des Publikums war riesig – Jonas Kaufmann schenkte uns dann geradezu einen dritten Programmteil: fünf Strauss-Lieder (Breit über mein Haupt; Ach weh, mir unglückhaftem Mann; Freundliche Vision; Zueignung und Wie sollten wir geheim sie halten) und zum Schluß noch Franz Lehars „Dein ist mein ganzes Herz“!
Mit lokalpatriotischem Stolz sei’s vermerkt: Die Grazer haben eine Zugabe mehr erklatscht als die Wiener zwei Tage zuvor!






 
 
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