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KlassikInfo, 30.7.2012 |
Klaus Kalchschmid |
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Strauss: Ariadne auf Naxos, Salzburger Festspiele, 29. Juli 2012 |
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Der Faden der Ariadne
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Der Schauspielchef der Salzburger Festspiele, Sven-Eric Bechtolf, inszeniert und Daniel Harding dirigiert die Urfassung von Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" mit großartigem Ergebnis |
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Die 1912 in Stuttgart erstmals aufgeführte Urfassung seiner "Ariadne auf
Naxos", in der die eigentliche Oper der Hofmannsthalschen Bearbeitung des
Moliere'schen "Bürgers als Edelmann" folgt, hat Richard Strauss geliebt. Der
Briefwechsel mit dem Dichter berichtet von zahlreichen mehr oder minder
gelungenen Aufführungen und der Komponist hat ihr noch nach der Uraufführung
der durchkomponierten Zweitfassung, die den Siegeszug um die Welt antrat,
den Vorzug gegeben. Heute freilich sind Aufführungen dieses höchst
charmanten und in der Musiktheater-Geschichte einzigartigen Zwitters äußerst
selten. Schauspieler, Tänzer und Sänger sind dazu nötig, mithin ein
komplettes Schauspiel- und Opern-Ensemble. Festspiele - gerade solche wie
die Salzburger, zu deren Gründervätern Strauss und Hofmannthal 1911 gehörten
- können, ja müssen es wagen, zumal bisher auch hier in fünf Produktionen
zwischen 1926 und 2001 stets die spätere Fassung auf dem Spielplan stand.
Sven-Eric Bechtolf allerdings gelang mit dem Kunstgriff, zur in der
Urfassung ausführlich ausgebreiteten Rahmenhandlung um den etwas
durchgeknallten Bürger, der gerne um jeden Preis den Edelmann spielt und
sich dafür sogar eine teure Oper - samt Feuerwerk - in sein Palais holt, die
autobiographische Situation der Enstehung hinzuzufügen, etwas sehr gut
Funktionierendes und Originelles: Hugo von Hofmannsthal (Michael Rotschopf)
und die Begegnung mit der von ihm mehr als verehrten jungen Witwe Ottonie
von Degenfeld-Schonburg (Regina Fritsch), die den Tod ihres Mannes kaum
verwinden konnte und die Hofmannsthal zu trösten suchte, ist dokumentiert in
einem ausführlichen Briefwechsel. Den Dichter und seine mehr oder minder
heimlich geliebte Muse auf die Bühne zu holen und immer wieder - im ersten
Teil redend, im zweiten Teil stumm - in das Geschehen eingreifen und es
reflektieren, auch mitspielen zu lassen, gab dem Ganzen einen roten
(Ariadne-)Faden, der im Haus für Mozart für zwei anderthalbstündige,
zunächst vom Schauspiel, dann vom gesungenen Wort dominierte Hälften sorgte,
die spannend, kurzweilig, manchmal herrlich albern, oft aber auch sehr
tiefsinnig waren.
Wunderbar, zunächst immer wieder die eingestreuten
Musikstücke zu erleben, in denen Strauss fantastische, höchst
unterschiedliche Stilkopien lieferte, manchmal von fast Strawinsky-hafter
Verfremdung, dann wieder Ton und Motivik der späteren "Ariadne"-Oper
andeutend. Ein hoher Saaal mit Blick über eine riesige Fensterfront bildete
das Bühnenbild für den ersten Teil, später raffte sich ein roter Vorhang von
links und rechts, davor die Sitzreihen für das Theater auf dem Theater und
vorne ein Gebirge über Sand aus entkernten, schiefen schwarzen Flügeln
(Bühne: Rolf Glittenberg). Der Komponist (Thomas Frank) greift da in die
Tasten, wenn Zerbinetta ihre große - in der Urfassung um ein Drittel längere
und schwierigere Arie singt, was Elena Mosuc faszinierend mühelos und
virtuos gelingt. Peter Matic, schon 1982 am gleich Ort der Haushofmeister,
lässt sich seine Sottisen und Gemeinheiten auf der Zunge zergehen und vor
allem Cornelius Obonya gibt den Monsieur Jourdain, der hier auch in der Oper
das letzte Wort hat: wütend und fordernd, fechtend und tanzend, singend und
Pfauenräder schlagend, dass es eine helle Freude ist.
Eva Liebau,
Marie-Claude Chappuis und Eleonora Buratto waren nicht nur ein famoses
Terzett als Najade, Dryade und Echo, sondern steuerten auch im ersten Teil
Musikalisches bei. Gabriel Bermúdez (Harlekin), Michael Laurenz
(Scaramuccio), Tobias Kehrer (Truffaldin) und Martin Mitterrutzner
(Brighella) sangen ein entzückendes, stimmlich ebenso vielfältiges wie in
den Stimmen harmonierendes Commedia dell'Arte-Männer-Quartett, das mal auf
Rollern die Bühne umrundet oder ausgelassen tänzerisch Zerbinetta umgarnte.
Emily Magee als Ariadne - oft gespiegelt in der Darstellerin der Ottonie
- traf den Tragödinnenton exzellent, die Überraschung war aber wohl
Jonas Kaufmann als Bacchus mit makellosen Circe-Rufen und auch sonst einer
ungemein natürlichen, leuchtenden Attacke, der im Leopardenkostüm (Marianne
Glittenberg) die Verwandlung aus einer jungen Raubkatze in einen hell
schimmernden Gott spielte. Daniel Harding und die Wiener
Philharmoniker entfalteten die schillernden Farben des nur 33-köpfigen
Ariadne-Orchesters mit Delikatesse, Schwung, einer Prise Frechheit, aber
auch manchmal mit der nötigen Dezenz und zarten Raffinesse.
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