|
|
|
|
Mitteldeutsche Zeitung, 5.8.2012 |
VON JOACHIM LANGE |
|
Strauss: Ariadne auf Naxos, Salzburger Festspiele, 29. Juli 2012 |
|
Und Bacchus fragt: Bin ich ein Gott?
|
|
SALZBURG/MZ. Zwischen Eröffnungs-"Zauberflöte" und Netrebko Boheme waren die
Salzburger Festspiele mit ihrer zweiten Opernpremiere ganz bei sich selbst.
Und das gleich in mehrfacher Hinsicht.
Ist "Ariadne auf Naxos" doch
nicht nur ein Meister-Werk des mit Salzburg genuin verbundenen Künstlerduos
Hugo von Hofmannsthal (seines Zeichens sogar Festspiel-Mitbegründer) und
Richard Strauss, sondern auch ein Problemfall. Die ursprüngliche Version
kombiniert nämlich die von Hofmannsthal bearbeitete Molière-Komödie "Der
Bürger als Edelmann" mit dem Opern-Einakter "Ariadne auf Naxos". Weil dieses
genreübergreifende Experiment bei seiner Uraufführung vor 100 Jahren
fulminant durchfiel, blieb bei der Umarbeitung zur heute gebräuchlichen
Fassung nur noch die Sprechrolle des Haushofmeisters vom Schauspiel übrig,
für die ein Mehrspartenhaus gewöhnlich sein bestes Schauspielpferd ins
Rennen schickt. (Diesmal ist es, wie schon in der Inszenierung von 1980
Burgtheatermime Peter Matic.)
Dass der neue Schauspielchef Sven-Eric
Bechtolf nicht nur diese Urfassung der "Ariadne" inszeniert, sondern auch
noch um eine Rahmenhandlung bereichert, mag gut zur eingeläuteten, etwas
eitlen und hemmungslosen Selbstfeier des Nobelfestivals passen. Doch es hat
eben auch einen gewissen österreichischen Charme.
Bechtolf hat die
Urversion durch eine Rahmenhandlung erweitert. Er zeigt die jahrelange
intensiv werbende Beziehung Hugo von Hofmannsthals zur jungen Witwe Ottonie
von Degenfeld-Schonburg als Quelle der Inspiration für seine Dichtung und
schickt die beiden in Gestalt von Michael Rotschopf und Regina Fritsch mit
auf die Bühne. Als zusätzliche Ebene zu der Theater-auf-dem-Theater
Situation, bei der der ungebildete, aber stinkreiche Monsieur Jourdain
(Cornelius Obonya) eine tragische Oper und ein Lustspiel ordert, und dann
den Künstlern aus einer Laune heraus zumutet, beides gleichzeitig zu
spielen.
Wobei sich obendrein auch noch die Lebenslinien der Künstler
als Menschen und Bühnenfiguren miteinander verschlingen. Bechtolf hält das
in seiner Inszenierung konsequent durch, denn die Oper "Ariadne" und
Zerbinettas Beiträge bleiben ebenso vorgeführtes Theater, wie das Werben des
Dichters um seine Angebetete.
Obwohl alles immer vorgeführtes Theater
bleibt, stellt sich die Verwandlung, die bei der Begegnung von Ariadne mit
dem Gott Bacchus alles Drumherum vergessen lässt, dennoch ein. Vor allem,
weil Jonas Kaufmann der Bacchus ist und zusammen mit Emely Magees
aufblühender Ariadne für ein paar Opernglücksmomente sorgt.
Für den
gesamten Abend haben Rolf (Bühne) und Marianne (Kostüme) Glittenberg ein
nobles Salonambiente der Entstehungszeit entworfen, zu der sich das
Schauspielpersonal weiß wie Gespenster und direkt aus der Zeit Molieres vom
Garten aus dazugesellen. Szenisch bleibt die Oper, samt der bunten Truppe
der ihre endlosen Koloraturgirlanden abzwitschernden Zerbinetta Elena Mosuc,
im sicheren Fahrwasser von Pereiras und Bechtolfs so bewährter wie
gefahrloser Zürcher Opernopulenz. Wenn aber Jonas Kaufmann auftaucht
und gegen Ende des bemerkenswerten, fast vierstündigen Abends die
rhetorische Bacchus-Frage in den Raum schmelzt "Bin ich ein Gott ?", dann
möchte man ihm fast antworten - was denn sonst?
|
|
|
|
|
|
|
|