APA, 07. August 2011
Konzert, Wien, Stadthalle, 6. August 2011
Operntriumvirat verzückte Wien
 
 
Am Samstagabend haben sich drei der derzeit größten Opernstars unter dem programmatischen Titel "Gipfeltreffen" im Wiener Allzweckveranstaltungszentrum eingefunden, um vor Tausenden Fans ein Best- Of ihres Repertoires zum Besten zu geben.

Das Operntriumvirat Jonas Kaufmann, Anna Netrebko und Erwin Schrott bot über drei Stunden ein Potpourri aus Mozart, Verdi, Massenet aber auch Lehar, Tauber und Piazzolla. Damit rissen sie ihr Publikum zu Begeisterungsstürmen hin, obgleich die konkrete Auswahl nur zum kleinsten Teil dem Ohrwurmkanon der Opernliteratur entsprach.

Konzertauftakt in München
Den Auftakt ihres Konzerttriptychons hatten die drei Sänger in München unter freiem Himmel auf dem Königsplatz am vorvergangenen Freitag gefeiert. Den Abschluss der Minitournee bildet am 16. August der Auftritt auf der Berliner Waldbühne, der von ORF2 live- zeitversetzt übertragen wird. Wien bildete mithin bei Preisen für das VIP- Ticket von 471 Euro die einzig überdachte Möglichkeit, das "Gipfeltreffen der Stars" zu hören. Entsprechend weit angereist waren manche Zuschauer, darunter auch Prominenz wie Springer- Verlagschef Mathias Döpfner oder BILD- Chefredakteur Kai Diekmann. Auf ein Programmheft mussten die Anwesenden allerdings verzichten - es blieb in der Spedition hängen, so die Entschuldigung.

Ausverkaufte Wiener Stadthale
In jedem Falle erlebte die leidlich ausverkaufte Stadthalle einen bunten Abend, im steten Wechsel von Soli, Duetten und Terzetten, begleitet vom Wiener Kammerchor und der Prager Philharmonie unter Leitung von Marco Armiliato. Die Veranstaltung war dabei klar als Event ausgelegt, bei dem auf einer LED- Leinwand im Hintergrund bisweilen ein roter Vorhang grüßte, dann wieder Säulen mit Blumentapete oder Sternenzelt und in der Pause die Eisverkäuferinnen mit dem Bauchladen durch die Reihen gingen. Als Schwachpunkt erwies sich die Akustik, welche die harte, beinahe schmissige Intonation der Prager allzu statisch am Bühnenrand festtackerte.

Frappant hingegen der Unterschied der beiden Bühnenpersönlichkeiten Schrott und Kaufmann. Der eine spielte mit offenem Hemd, neo- blondierten Haaren und stets ironisch in die Höhe gehobener Augenbraue mit dem Publikum, brachte seine Arien bisweilen mit den Händen in den Hosentaschen und stets mit einem Lächeln auf den Lippen dar. Als Leporello- Katalog in der "Don Giovanni"- Arie hatte sich der Uruguayer als Gag eine Ausgabe der Modezeitschrift "Madonna" besorgt, in der er blätterte.

Kaufmann als Publikumsliebling der Wiener
Kaufmann stattdessen zeigte sich im Smoking und mit makellos- brillantem Tenor, ohne die bisweilen eingestreuten Schrott'schen Verschleifungen. Zugleich offenbarte er sich mimisch als Mann des reduzierten Ausdrucks. Ob Kaufmann Mama zum Abschied grüßt (Leoncavallo), die Geliebte anschmachtet (Tauber) oder die Schönheit des Lebens besingt (Lehar) - stets zeigt er den gleichen Gesichtsausdruck: Ein ernst- verklärtes in die imaginäre Ferne Blicken. Die Expression liegt bei Kaufmann in der Stimme, nicht im Gesicht. Damit etablierte sich der Deutsche als der klare Publikumsliebling des Abends, wobei bereits sein erster Auftritt mit Bravorufen bedacht wurde.


Netrebko begrüßte Wiener Stadthalle
Netrebko wiederum, die das Publikum auf Deutsch mit einem herzlichen "Willkommen nach Wien" begrüßte, zeigte über den gesamten Verlauf des Abends ihren mittlerweile zunehmend voller werdenden Sopran, der mit scheinbarer Leichtigkeit zwischen verschiedenen Modulationen wechselt. Einzig wenn Schrott und Netrebko als Porgy und Bess auftreten, wächst nicht zusammen, was zusammen gehört: Jazzphrasierungen haben beide schlicht nicht im Repertoire.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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