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tz, 29. Juli 2011 |
Matthias Bieber |
Konzert, München, Königsplatz, 29. Juli 2011
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Netrebko, Schrott & Kaufmann
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Anna Netrebko, Erwin Schrott und Jonas Kaufmann erwärmen den
Königsplatz |
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München - 15.000 Zuschauer kamen zum Gipfeltreffen der
Klassikstars Anna Netrebko, Erwin Schrott und Jonas Kaufmann auf
den Münchner Königsplatz. Sie durften feststellen: Klassik ist
immer jung.
Lassen wir die ehemaligen Teeniestars von
Take That ruhig toben. Klassik ist immer jung, hat kein Verfalls
datum und kann auch dann mitreißen, wenn ab und an ein
Hubschrauber stört, Glühwürmchen ablenken und ein besonders
penetranter PS-Turbo durchstartet. Klassik, so lernen wir nach
der Pause im dramatischen vierten Akt des Turandot, bringt sogar
15 000 Zuhörer auf dem rappelvollen Königsplatz zu kollektivem
Schweigen und Mitleiden.
Einmal rund durch die Klassik
von Berlioz über Gounod bis Manet und Mozart, dazu später
Gershwin und mitreißende Zugaben. Aber wenn schon Oper light,
unter freiem Himmel und der permanenten Anspannung, ob es nicht
doch noch regnet, dann so: mit Anna Netrebko, die ihre Arien mit
einer dermaßen notorischen Zuverlässig- und Geschmeidigkeit
singt, dass die Brillanten an Hals und Hand fast verblassen. Die
Frau, mal goldgelb, mal samtblau gewandet, ist ein Stimmwunder.
Verschleiß mag es geben, aber nur, was die Vermarktung ab und an
betrifft. Netrebkos Stimme gewinnt immer mehr an Fülle – ohne
auf Kosten ihrer klaren Intonation, ihrer dunkel timbrierten
Glut zu gehen. Und wenn dann noch der Gatte mit auf der Bühne
steht – selten genug, wie die beiden im großen tz-Interview vor
ein paar Wochen sagten, dann ist das ja schon die fast halbe
Miete.
Für einen Großteil der anderen Hälfte sorgt eben
jener Gatte Erwin Schrott, der nach seiner Heimat Uruguay und
seinem Kontinent Südamerika auch Europa im Sturm nimmt. Lässig,
wie er der Registerarie aus Don Giovanni jede Menge
Hinterfotzigkeit verleiht, aber auch gerüttelt Charme. Dazu
blättert er im Hochglanzmagazin und hält einige Schönheiten in
die Kamera. Lupenreiner, voller Bariton, enorme Kraftreserven,
dabei extrem locker – da kann unser Vorzeige-Tenor Jonas
Kaufmann nicht ganz mithalten, aber auch er bietet mehr als
solide Sangeskunst. Die Träne, der Ausdruck – ein starkes Trio!
Dirigent Marco Armiliato, sportiv schwitzend und lächelnd
mit dabei, hatte Spaß. Vielleicht nicht immer mit der Prager
Philharmonie, aber mit den Solisten. Spätestens dann, als
Schrott ihm nach der Pause ein Glas Wasser reichte.
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(der musikalische Bildungsstand der Zeitungen erstaunt mich immer wieder,
Manet statt Massenet und Turandot statt Trovatore, vorher stand da sogar
noch Turandot von Verdi) |
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