(München, 26. und 28. Juli 2011) Nicht eine seiner Paraderollen
im französischen Fach - also Don José, Massenets Werther oder
Des Grieux - hat Jonas Kaufmann im ausverkauften Nationaltheater
gesungen, sondern neben Liszt, Mahler und Strauss die fünf
berühmtesten der nur siebzehn Lieder von Henri Duparc - und er
machte "L'Invitation au voyage", "Phidylé", "Le maoir de
Rosemonde", "Chanson triste" und "La vie antérieure" zum
Ereignis dieses an beglückenden Momenten nicht armen Abends an
der Seite von Helmut Deutsch. Das französische Idiom scheint dem
bronzen leuchtenden Tenor Kaufmanns besonders zu liegen. Hier
schillern unerhörte Farben, findet er zu Valeurs des Ausdrucks,
zergehen ihm Worte wie "Larmes - Tränen", "Beauté - Schönheit"
oder "Volupté - Lust" auf der Zunge. "Repose, ò Phidylé" - diese
vor der letzten Strophe dreimalige Aufforderung an die Geliebte,
zu verweilen, möchte man stumm an die Adresse des Sängers
senden! Vergessen war da, dass Kaufmann manchmal das Piano in
der hohen Mittellage allzu gedeckt abdunkelt.
Auch die
Lieder von Richard Strauss - Kaufmanns ureigenste Domäne und
wohl noch an der Hochschule einstudiert und 2005 für CD
eingespielt mit Helmut Deutsch, seinem Lehrer und heute
ständigen Begleiter und Freund - wurden zur Offenbarung. Wie
schade, dass Deutsch mit diesem Sommer als Professor für
Liedgestaltung an der Münchner Musikhochschule in Ruhestand
geht. Dieses Wissen, diese wache und durchaus selbstbewusste
Sensibilität für die Partnerschaft mit einem Sänger sollte er
noch lange an junge Künstler weitergeben. Kaufmanns Tenor hat
genau die Farben, aber auch die Strahlkraft, die die
Strauss?schen Lieder brauchen und deshalb sang er auch nach dem
offiziellen Teil, unter anderem mit "Befreit",
"Junggesellenschwur, und "Wie sollten wir geheim sie halten"
vier Zugaben mit "Ach weh mir unglückhaftem Mann, "Zueignung"
und "Heimliche Aufforderung".
Bei Liszt und Mahlers
Rückert-Liedern wirkte Jonas Kaufmann - aus Nervosität? - noch
etwas befangen. Klug änderte er freilich die Abfolge der Lieder,
begann mit "Ich atmet?'einen linden Duft" und "Liebst du um
Schönheit", um nach "Blicke mir nicht in die Lieder! und "Ich
bin der Welt abhanden gekommen!" mit dem ebenso abgründigen wie
kraftvoll männlichen "Um Mitternacht" den ersten Teil des
Liederabends zu beenden.