Neues Deutschland,  30. Juni 2010
Von Roberto Becker
Puccini: Tosca, Bayerische Staatsoper, München, 28. Juni 2010
Kunst global, Kunst banal
Münchner Opernfestspiele: eine langweilige »Tosca« [und ein afrikanischer Schlingensief]
Mit den Koproduktionen ist es so eine Sache. Für die international gut vernetzten und auf vielen Festivalhochzeiten tanzenden und noch besser verdienenden Stars der Szene, wie etwa Luc Bondy, gehört die weltweite Präsenz ihrer Arbeiten zum Selbstverständnis. Da wird dann eben ein Nummer-sicher-Stück wie »Tosca« zuerst an der Metropolitan Opera in New York herausgebracht, gerät da sogar in den Ruf des Skandalösen, soll dann nach Mailand an die Scala übernommen werden, wo es, wenn denn nicht gestreikt wird, sogar Chancen auf eine Wiederholung des Skandals gibt, weil man an beiden Häusern eher auf Kostümschinken à la Zeffirelli abfährt und Regie für teutonisches Teufelszeug hält.

Ausgerechnet diese Bondy-Produktion lieferte diesmal aber auch noch den Rahmen für die Eröffnung der alljährlichen Opernfestspiele in München. Und da wird das dann zum Ärgernis. Die Bayerische Staatsoper bereitet sich ab Ende Juni nämlich nicht auf die Sommerpause, sondern auf eine Leistungsschau sondergleichen vor. Mit dem eigenen Repertoire gibt es hier einen Monat lang jeden Abend Oper und Ballett mit Festspielformat und zu Festspielpreisen. In München funktioniert das. Und füllt die Kassen. Dass Nikolaus Bachler diesmal aber ausgerechnet mit dieser »Tosca« eröffnet, hat schon einen sehr subtil makabren Witz, steht doch gerade er für szenischen Wagemut und Risikobereitschaft.

Vielleicht wollte er ja auch nur mal die Folterinstrumente der Langeweile vorzeigen. So wie der Henker auf der hausbacken bebilderten Bühne die für den gefangenen Maler Cavaradossi. Der wenigstens ist bei Jonas Kaufmann in der denkbar besten Tenorkehle. Doch da selbst Karita Mattila als Tosca und Juhu Usitalo als Scarpia nicht an ihn herankommen und auch Fabio Luisi den Orchesterpart allzu gemächlich zelebriert, ist das Publikum am Ende, nach dem Jubel für Kaufmann und höflichem, mit ein paar Buhs gewürzten Beifall für die übrigen Akteure, ziemlich schnell in die Münchner Sommernacht entschwunden.






 
 
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