Passauer Neue Presse, 27.05.2010
Katrina Jordan
Operngala, München 25. Mai 2010
Jonas Kaufmann als Tenor und Popstar
 
Glanzvolles Heimspiel im Münchner Gasteig
 
Der Mann kriegt schon Bravo-Stürme, bevor er überhaupt den Mund aufmacht. Das Publikum ist zwar größtenteils ergraut, doch sobald Jonas Kaufmann am Dienstag die Bühne in der Philharmonie im Münchner Gasteig betritt, erinnert die Atmosphäre an ein Popkonzert. Deutschlands derzeit gefragtester Tenor hat in seiner Heimatstadt ein dankbares Auditorium - leicht macht er es sich deshalb nicht mit seinem Soloprogramm aus deutschen Arien.

Die sechs Partien von Beethoven, Mozart, Weber und Wagner sind in dieser Konzentration schwer zu stemmen und verlangen ohne das Drumherum einer Opernausstattung auch noch ein besonderes Maß an Gestaltung. Kaufmann muss nicht lange den Mund aufmachen, um zu unterstreichen, wie großartig er diesen Ansprüchen gerecht wird.

Fast unwirklich weich und luzide klingt der unbequem hohe, leise Einsatz in der Gefängnis-Arie des Florestan aus „Fidelio“. Man versteht jedes Wort dieses Gesangs zwischen Verzweiflung und fiebriger Hoffnung - und man versteht schon hier, weshalb man sich Kaufmanns Gesang kaum entziehen kann: Hier konzentriert sich einer darauf, das zu meinen, was er singt. Eine zaghafte Luftigkeit, ein angedeutetes Vibrieren, ein inniges Legato - es sind Nuancen, die darüber entscheiden, wie ernst man als Zuhörer einen Charakter nehmen kann. Jonas Kaufmann kann sie auf geradezu unheimliche Art und Weise abrufen. Schon im nächsten Moment gibt er nicht weniger überzeugend den Tamino aus der „Zauberflöte“, lässt die Bildnisarie von der schlichten Schönheit ihrer Melodien leben, die so gut zu dem verletzlichen Jungen passt, als den er diesen Helden zeichnet. Am intensivsten gelingen jedoch die Wagner-Arien. Vor allem „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ aus der „Walküre“ zeigt, was für ein Gewinn Kaufmanns Stimme für dieses Fach ist: Eine Stimme, die Wucht und Volumen aus ihrer Strahlkraft und ihrer manchmal baritonalen Dunkelheit bezieht. Die deshalb selbst an lauten Stellen niemals laut oder scharf wird, sondern immer nur noch leuchtender.

Schade deshalb, dass das Münchner Rundfunkorchester unter Michael Güttler gerade bei den Wagner-Arien immer wieder das Maß verliert und den Solisten im Getöse untergehen lässt. Dabei kann Güttler wenn auch nicht hochemotional, so doch mit großer Raffinesse, führen - das zeigt insbesondere die herausragende Ouvertüre zu Webers „Oberon“. Erst in den Zugaben aus dem italienischen Repertoire, besonders beim Tränengaranten „E lucevan le stelle“ aus „Tosca“, lässt sich der Klangkörper zu mehr Sentiment hinreißen - und bekommt prompt einen gebührenden Teil des Popstar-Jubels ab.
 
 
 






 
 
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