Mittelland-Zeitung, 31.03.2009
Christian Berzins
Puccini: Tosca, Zürich, 29. März 2009
Theater ums Theater im Theater 
Das Zürcher Opernhaus zeigt eine Neuinszenierung von Giacomo Puccinis «Tosca» › lustlos und uneinheitlich.
Erstaunlich, wie arrogant das Opernhaus Zürich mit seinem Publikum umgeht, obwohl dieses bereit ist, 320 Franken für einen «Tosca»-Parkettplatz zu bezahlen. Da verlässt vier Tage vor der Premiere der berühmte Dirigent Christoph von Dohnanyi, für den dieser Abend sogar verschoben wurde, die Produktion, aber im Theater wird nirgends darauf hingewiesen. Vor den Vorhang treten wollte der Intendant Alexander Pereira auch nicht, hätte er doch dort dieselben Gründe vortragen müssen, die er den Journalisten erzählte. Das tat er so, dass die «NZZ» von einem Virus, bald von Schwierigkeiten mit dem Werk, andere von Problemen mit den Sängern und dem Regisseur schrieben. Und am Sonntag wurde auch eine vierte Version erzählt: Dohnanyi hätte, als die Klavierhauptprobe anstand, endlich auch den Chor zu sehen verlangt. Als kein Chor da war, sei es mit seiner Geduld, die Sänger und Orchester schon strapaziert hatten, vorbei gewesen.

So durfte Paolo Carignani im Orchestergraben stehen. Akzente zu setzen vermochte er nicht. Leider gibt es immer noch Menschen, die denken, dass das bei einer «Tosca» nicht so nötig sei. Hauptsache, oben wird gut gesungen . . . Emily Magee (Tosca) tut das nur bedingt: Gewiss setzt sie dramatische Akzente, aber Gestalt erhält ihr Gesang nicht. Da ist kein flutendes Crescendo, immer wieder harte, spitze Töne. Wie weit die Dynamik ausgereizt werden, wie leise, zart «Tosca» auch sein kann, zeigt ihr der Tenor Jonas Kaufmann: Jedes Wort ist hier aus dem Charakter heraus musikalisch geformt. Thomas Hampson als Scarpia hingegen legte wieder ganz andere Schwerpunkte: Er spuckte jede Silbe so präzis aus, dass alles verstanden wird: Konsequent ja, aber schön?

Ein Dirigent hat dieses uneinheitliche Protagonisten-Trio nicht zusammengestellt. Und die Frage, warum schon wieder eine neue «Tosca» produziert wird, kann auch nicht beantwortet werden. Die letzte entstand vor neun Jahren, ist fast genauso jung wie jene, die die Zürcher jetzt für teures Geld zu sehen bekommen. Der Regisseur Robert Carsen hat sie 2001 entworfen. Er verlegt darin die Handlung ins Theater. «Theater im Theater» also › das ist etwa so überraschend wie das Amen in der Kirche. Tosca vergisst ihre Diven-Rolle erst im Zeichen des Todes. Ansonsten agiert man wie in einer Allerwelts-«Tosca». Immerhin.






 
 
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