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Wiener Zeitung, 30.03.2009 |
Oliver Schneider |
Puccini: Tosca, Zürich, 29. März 2009
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Aus der Vita der Operndiva
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Foto: Suzanne Schwiertz |
Sant’Andrea
della Valle zum Angelus-Gebet, der Palazzo Farnese am Abend, die Engelsburg
im Morgengrauen – Giacomo Puccini macht es einem Regisseur nicht leicht:
Ort, Zeit und Text sind genau verzahnt. Hinzu kommt, dass sich legendäre
Aufführungen in den Köpfen der Opernliebhaber halten.
Robert Carsen nimmt Cavaradossis Feststellung "Wie die Tosca im Theater" im
dritten Akt zum Ausgangspunkt seiner jüngsten Arbeit: Die gefeierte
Operndiva Tosca inszeniert ihr Leben, weshalb Carsen und sein Ausstatter
Anthony Ward den Abend in einem Theater im Theater verorten. Primadonnenhaft
rauscht Tosca im Pelz und mit weißen Lilien in den Zuschauerraum und
signiert die Programmhefte, während der machiavellistische Theaterdirektor
Scarpia ihr mit dem üblichen Fächerspiel das Gift der Eifersucht einflößt.
Im zweiten Akt, der hinter dem eisernen Vorhang spielt, verliert Carsens auf
den ersten Blick so naheliegende Idee an Schlüssigkeit. Der Theaterdirektor
muss mafiöse Züge annehmen, um den Geliebten der Starsängerin von seinen
Schergen malträtieren zu lassen. Im Grunde beschränkt sich der kanadische
Regisseur hier auf eine konventionelle Wiedergabe in "neuen Bildern". Die
Stärke liegt in der Personenregie, dank der es zu einem intensiv gespielten
Machtkampf zwischen den beiden Rollendebütanten, Emily Magee und Thomas
Hampson als Scarpia, kommt. Cavaradossi ist dem Spiel der beiden hilflos
ausgesetzt. Am Ende ersticht Tosca den verhassten Widersacher wie eh und je
mit dem Messer, legt zur Abwechslung aber ein Programmheft auf die Wunde,
womit Carsen den Bogen zu seinem Konzept schließt.
Der dritte Akt ist schließlich die Tosca-Aufführung selbst, die die Diva
nach Cavaradossis Tod mit dem Sprung vom Rand der Bühne auf der Bühne
beendet. Rote Rosen und huldvoller Dank der großen Tosca für den Applaus des
echten Publikums.
Glück im Unglück
Nach anfänglicher Blässe vermag Emily Magee die Allüren der Operndiva
glaubhaft darzustellen und besticht mit weit gespannten Phrasen sowie
dramatischem Atem. Jonas Kaufmann scheint im italienischen Fach
gleichermaßen zu Hause zu sein wie im französischen und im deutschen, lässt
seinen dunkel-timbrierten, leicht gaumigen Tenor als Cavaradossi frei
strömen und begeistert mit seiner Strahlkraft. Thomas Hampson verkörpert
den lüsternen Machtmenschen mit Dämonie, wirkt aber in seinem musikalischen
Vortrag etwas zu eindimensional kraftprotzend.
Nach Michael Tilson Thomas’ Absage und Christoph von Dohnányis Ausstieg zwei
Tage vor der Hauptprobe leitete im Endeffekt Paolo Carignani am Sonntagabend
die Premiere souverän. Die Zwischentöne blieben allerdings auf der Strecke,
zu Beginn gab es Verständigungsschwierigkeiten zwischen Bühne und Orchester.
Das wird sich in den Folgevorstellungen noch ändern, die sich Carignani mit
Carlo Rizzi teilt.
Jonas Kaufmann wird Cavaradossi am 9. und 12. Mai auch in der Wiener
Staatsoper verkörpern. |
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