Wiener Zeitung, 26.1.2009
Von Joachim Lange
Strauss: Rosenkavalier, Baden-Baden, 25. Januar 2009
Ist kein Traum, kann wirklich sein
Im Festspielhaus Baden-Baden erstrahlt Herbert Wernickes "Rosenkavalier"-Inszenierung in neuem Glanz
Man könnte fast meinen, dass Andreas Mölich-Zebhauser in Baden-Baden schon für Salzburg übt. Ob er nun will und es zugibt oder nicht, er gehört qua Amt in den überschaubaren Kreis derer, die nach Jürgen Flimms definitivem Abschied vom Chefposten des Nobelfestivals an der Salzach eine zumindest imaginäre Bewerbungsmappe bereithalten dürften. Der "Rosenkavalier"-Coup, der ihm jetzt, just am Tag des einhundertjährigen Uraufführungsjubiläums der "Elektra" gelang, ist nämlich nicht nur eine Reverenz des längst etablierten deutschen Festspielprojektes Baden-Baden an das heimliche Vorbild Salzburg. Es ist ohne dessen Vorleistung gar nicht denkbar.

Grandiose Fleming
Die in ihrem großformatigen Glanz dennoch auch intim gespiegelte Inszenierung des 2002 so plötzlich verstorbenen Bühnenbildners und Regisseurs Herbert Wernicke, die sein damaliger Pariser Assistent Alejandro Stadler jetzt so mustergültig präzise und lebendig neu einstudiert und auf die etwas normaleren Bühnenmaße verdichtet hat, ist ein rares Beispiel für eine szenische Deutung, die sich im Laufe der Jahre nicht etwa abspielt, sondern die, im Gegenteil, immer besser wird.

Es ist eine jener wenigen Inszenierungen, die den "Rosenkavalier" im wahrsten Wortsinn in die Gegenwart spiegeln und doch direkt mit seinem emotionalen Charisma als Werk sprechen lassen. Das war schon bei ihrer Übernahme an die Opera Bastille 1997 so.

Schon damals war der US-Star Renée Fleming mit ihrer Feldmarschallin endgültig in den Kreis der ganz großen Richard-Strauss-Diven aufgestiegen. Wenn sie jetzt auf der Bühne das so aberwitzig grandiose und so leicht zu verderbende Terzett des dritten Aufzuges mit einer eloquent spielerischen Sophie Koch als Octavian ohne jede Hosenrollenattitüde und mit einer von den faszinierenden Höhen ihres Aufstieges und ihrer Stimme gleichermaßen umglänzte Diana Damrau als souverän selbstbewusster Sophie umgeben und dabei dann noch von Christian Thielemann und seinen Münchner Philharmonikern auf Händen getragen und in einen nicht nur delikat opulent blühenden, sondern auch klug dosierten Klangzauber aus dem Graben des Festspielhauses gehüllt wird, dann ist das schlichtweg nicht zu überbieten. Weltweit nicht.

Vollkommene Symbiose
Hier geht es keinem der Beteiligten um einen Wettstreit, sondern allen um eine an Vollkommenheit grenzende Symbiose. Der ganze Abend ist eine Sternstunde! Auch Franz Hawlatas Ochs ist weitaus überzeugender als sein Bayreuther Sachs.

Franz Grundheber als ein die Figur ernst nehmender Faninal und Jane Henschel als Intrigantin Annina sind dabei ebenso der pure Luxus wie Jonas Kaufmann. Der darf hier einmal den Tenorstar spielen und ist der Clou einer Besetzung, wie sie sich im Moment eben wirklich nur für Baden-Baden zusammenfindet.

Das noch junge Opernjahr hat seinen ersten Höhepunkt.

Oper
Der Rosenkavalier
Von Richard Strauss Herbert Wernicke (Reg.) Christian Thielemann (Dir.) Mit: Renée Fleming, Sophie Koch, Diana Damrau, Franz Hawlata, Jonas Kaufmann, Jane Henschel u.a.






 
 
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