Ganz
am Schluss, war es die vierte oder schon die fünfte Zugabe, hat er doch noch
seine Qualitäten als echtes Bühnentier aufblitzen lassen. Jonas Kaufmann,
neuer Star am Klassikhimmel, sang bei den Schlossfestspielen in Regensburg
die populäre - fast möchte man sagen ausgewrungene - Canzone „La donna è
mobile“ aus Verdis „Rigoletto“ mit solch geschmeidiger Perfektion,
vibrierender Leidenschaftlichkeit und fein dosiertem Spott, dass einige der
rund 3000 Besucher kurz davor standen, in Ohnmacht zu fallen.
Weil das aber bei den Standing Ovations keiner bemerkt hätte, klatschte man
umso heftiger, erging sich in Bravo- und Hochrufen und lautstarkem Trampeln.
Selbst grelle Pfiffe hallten bewundernd und anfeuernd von den Mauern des
Thurn-und-Taxis-Schlosses wider. Einzigartig Fürstin Glorias Attitüde, die
sich vor Begeisterung hinreißen ließ, den Rhythmus mitzuklatschen. Kaufmann
quittierte es mit erstauntem Schmunzeln.
Dabei hatte sich gegen Ende des regulären Programms, das der Münchner Tenor
mit den Hofer Symphonikern auf die große Bühne gebracht hat, ein bisschen
Enttäuschung breit gemacht. Keineswegs wegen Kaufmanns überragenden, ja
sensationellen Qualitäten, dem glänzend agierenden Orchester unter Leitung
Jochen Rieders oder einem - technisch hervorragend verstärkten - Klang. Der
40-jährige Kaufmann, er feierte vor wenigen Tagen Geburtstag, hatte sich rar
gezeigt - bis dahin war es eher ein Orchesterkonzert mit Gesangseinlagen.
Drei kurze Arien vor und drei nach der Pause empfanden viele einfach als zu
wenig. Mit den vehement eingeforderten Zugaben holte der Tenor dann wirklich
restlos alle mit Gassenhauern wie „Freunde, das Leben ist lebenswert!“ aus
Franz Lehárs „Giuditta“ aus ihren Schmollwinkeln. Regensburg lag und liegt
dem Künstler zu Füßen.
Schon nach der kurzen Arie Carradossis, „Recondita Armonia“ aus Puccinis
„Tosca“, schreien verzückte Anhängerinnen auf. Vom ersten Ton an zeigt
Kaufmann eine eindrucksvolle Präsenz, Fülle und fulminante Ausstrahlung.
Hinter jedem Pianissimo - wie im bewegenden „Pourquoi me reveiller“ aus
Jules Massents selten gespielter Oper „Werther“ - wird eine außerordentliche
Kraft und körperliche Tonspannung hörbar. Seine leicht baritonal gefärbte
Stimme funkelt lebendig und vielschichtig, er bewegt sich ebenso sicher und
unverkrampft in lyrischen Passagen, dramatischen Rollen wie heldischen
Posen. Zarte Höhen erklimmt er genauso leichtfüßig, wie er Abgründe bis in
die tiefsten Winkel ausleuchtet.
Dass er die Gemütszustände der Figuren nachlebt, wird in Bizets „La Fleur
que tu m’avais jetée“ aus „Carmen“ so spürbar und deutlich wie in Wagners
„Lohengrin“, wo er Verlust und Pathos „In fernem Land“ mit schon fast
schmerzlicher Hingabe ergründet. Und sein Publikum daran teilhaben lässt.
Welch ein Abend, welch eine Stimme! |