Presse.com, 05.05.2009
Walter Weidringer
Liederabend, Konzerthaus Wien, 4. Mai 2009
Konzerthaus: Im Liedgesang ist er erst Kronprinz
Stimmen in Wien: Während Anna Netrebko wieder Traviata war, gab Jonas Kaufmann sein Lieddebüt. Der junge Tenor scheint auch das Wiener Publikum erobert zu haben. Daran hat auch Helmut Deutsch am Klavier seinen Anteil.
Was Jonas Kaufmann am Ende seiner dritten Zugabe mit charmantem Lächeln und nochmals aufblitzender Stimme verkündete? „Nichts, nichts!“ Doch dem Publikum im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses war sie alles, die Conclusio dieses Kleinods aus Richard Strauss' Feder, seines Opus 10/2, in dem nach der „Königin des Liederreichs“ gefragt wird, von der man jedoch ebenso viel wüsste wie von der Sonne, nämlich: „nichts“; die Jubelstürme, die folgten, hatten sich schon im fordernden ersten Teil des Abends angekündigt, bei Schuberts rhapsodisch ausladender „Bürgschaft“ und Schumanns achtbar, wenn auch nicht bewegend gemeisterten „Dichterliebe“.

Wie ein Bariton mit Hang zur Lyrik

Da scheint ein international bereits zu hohen Kursen gehandelter Tenor nun, nach seinem jüngsten Des Grieux an der Staatsoper (Cavaradossi folgt ab Samstag), auch das Wiener Publikum erobert zu haben: vor allem durch die unverstellte Natürlichkeit seines Vortrags, die ihn im Nu zum rechten Ausdruck führt, sowie nicht zuletzt durch intelligente, weiträumige Phrasierung und eine durchaus imposante dynamische Bandbreite.

Daran hat wohl auch Helmut Deutsch am Klavier seinen Anteil, der das Rampenlicht jedoch gerne dem Tenor überließ. Dass es bei diesem zum König im Liederreich noch fehlt, hört man da und dort, wenn manche Töne oder Kantilenen mehr aus technischen denn aus expressiven Gründen verschattet und kehlig tönen, das fein gesponnene Piano doch an konzentriertem Klang verliert, in raschen Passagen die Tongebung nicht wünschenswert rein, klar gelingt.

Denn Jonas Kaufmanns klangliches Repertoire, und das mögen viele besonders attraktiv finden, ähnelt jenem eines (zuweilen etwas knorrigen) Charakterbaritons mit Hang zum delikaten Lyrismus. Dass er dieses dennoch bruchlos mit sicher platzierter Höhe zu verbinden weiß, zeigte er spätestens in den abschließenden Vier Liedern op. 27 von Richard Strauss, dem der ganze zweite Teil galt: Geriet die „Heimliche Aufforderung“ nicht zur Gänze sauber intoniert, gelang in „Ruhe, meine Seele“ der schwierige Umstieg von dramatischer Expansion und konzentrierter Innerlichkeit ebenso tadellos wie die träumerische Versenkung von „Morgen“ und der Jubelton der „Cäcilie“. wawe
 






 
 
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