Opernglas, September 2009
TB
Bizét: Carmen, Zürich, 28. Juni 2008
ZÜRICH
Ist es geglückt? Das lange erwartete Carmen-Debüt von Vesselina Kasarova am Zürcher Opernhaus fand zwar Beifall, aber doch deutlich weniger als der mit Ovationen bedachte Don José von Jonas Kaufmann. Unter vokalem Aspekt wich Kasarovas Carmen-Porträt faszinierend von bisherigen lnterpretationsmustern ab. Ein weites Spektrum von Ausdrucksmitteln prägte die Wiedergabe, es gab kaum eine längere Passage, in der die Sängerin nicht ungewohnte klangliche, sprachliche oder dynamische Akzente gesetzt hätte. Andererseits wies diese Carmen Aspekte auf, die entschieden Geschmackssache waren, so vor allem die seltsam kleinteilige Anlage der Partie, die umso mehr auffiel, als die verschiedenen Lagen von der Stimmfarbe her stark divergierten. Gesanglich also eine Carmen, von der man sich gerne einmal überraschen ließ; doch war Vesselina Kasarova noch nicht die Carmen, die man sich von ihr erhofft hatte - dafür war auch die darstellerische Seite zu eindimensional. Jonas Kaufmann als Don José brachte die Sache besser auf den Punkt. Mit großer Konsequenz setzte er über mehrere Phrasen hinweg ein substanzvolles Piano ein, das sowohl Gedankenverlorenheit als auch - zuletzt - leise Bedrohlichkeit vermittelte. Daneben mangelte es dem Sänger aber keineswegs an dramatischer Kraft: mühelos und optimal zentriert der männlich-markante Höhenstrahl, mit dem er in den dramatischen Passagen aufwartete.

Für Franz Welser-Möst bedeutete »Carmen« die letzte Zürcher Premiere in seiner Funktion als Generalmusikdirektor. Das Orchester überreichte ihm jedoch kein Abschiedsbouquet in Form einer möglichst herausragenden Leistung - derart zahlreiche Patzer bei den Bläsern hätte es nicht geben dürfen.






 
 
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