Abendzeitung, 25. Februar 2008
Robert Braunmüller
Konzert, München, 24. Februar 2008
Wenn die Töne Stoppeln tragen
Erst nach der vierten Zugabe, dem mühelos gestrahlten „La donna é mobile“ aus „Rigoletto“, ließ der brechend volle Herkulessaal den Münchner ziehen. Er galt in seiner Heimat bislang wenig, weil ihn Sir Peters Staatsoper nicht mochte. Jonas Kaufmann ist ein Elementar-Ereignis.
Hinter ihm liegt eine respektable Mozart-Karriere in lyrischen Rollen. Aber es scheint, als habe er sich in dramatischen Partien richtig freigesungen. Wenn der 38-Jährige aufdreht, drückt einen die heldische Wucht der Stimme imponierend ins Polster. Männliche Kraft, verkörpert von einem lockigen Beau mit Dreitagebart, wurde auf der Opernbühne lange vermisst.

Aber Kaufmann singt mehr fürs Publikum, statt Connaisseuren des Gesangs gefallen zu wollen. Weder verlieh er den Figuren individuelles Profil noch unterschied er zwischen italienischem oder französischem Stil. Werthers Eleganz und Cavaradossis poetischer Weltschmerz dienten vor allem der Demonstration rauchiger Töne.

Am Besten in dramatischer Erregung

Am besten ist Kaufmann in Momenten höchster dramatischer Erregung, wie dem Beginn von Verdis „Ella mi fu rapita“. Auch der Emphase veristischer Musik verlieh er im Lamento aus Cileas „L’arlesiana“ beträchtliche Wirkung. Wie schön, dass es wieder einen Tenor gibt, über dessen Entwicklung sich trefflich streiten lässt! Die Stimme spricht nicht leicht an, das verschattete Piano ist wenig tragfähig.

Entfernt gemahnt das Timbre an den legendären Kanadier Jon Vickers, dessen Schmerzenspathos manche Ausbrüche des Sängers an nicht ganz passender Stelle erreichten. Kaufmanns baritonaler Tenor wirkt ideal für Florestan, Parsifal oder Siegmund, die er in Zürich gesungen hat oder für die Zukunft plant. Und so sind Puccini und Verdi wohl nur Zwischenstationen auf dem hoffnungsvollen Weg ins deutsche Heldenfach.

Zwölf Arien an einem Abend!

Ein Intermezzo bleibt hoffentlich auch die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Matteo Beltrami. Er steuerte mit der Nordwestdeutschen Philharmonie Wahlloses wie die halbe „Carmen“-Ouvertüre undMascagnis „Cavalleria“- Intermezzo ohne Orgel bei. Dafür gab es Kaufmann satt: Zwölf Arien an einem Abend – Respekt!






 
 
  www.jkaufmann.info back top