Schaffhauser Nachrichten
VON beat Glur
Mozart: Die Zauberflöte, Zürich, 17. Februar 2007
Atemberaubend präzis dirigiert
Die Neuinszenierung von Mozarts «Zauberflöte» am Opernhaus Zürich stiess bei der Premiere nicht nur auf Gegenliebe. Orchester und Soli wurden bejubelt, das Regieteam ausgebuht.
Stein am Rhein Nach nur sieben Jahren hat das Opernhaus Zürich wieder eine neue «Zauberflöte». Tatsächlich ist die Neuinszenierung vor allem ein musikalisches Ereignis. Nikolaus Harnoncourt, der bereits die Zürcher «Zauberflöte» von Jean-Pierre Ponnelle aus dem Jahre 1986 dirigiert hat, zeigt einmal mehr, wie man die Partitur auch noch hören kann. Sein Dirigat ist von atemberaubender Präzision. Er wählt eher gemächliche Tempi, ist um einen weichen, aber doch spritzigen Orchesterklang bemüht, überrascht dabei aber immer wieder mit einem meist kurzen, schnellen Aufbrausen des Orchesters. Dadurch wird das grosse Pathos des Werks merklich gedämpft, und es erhält eine fast kammermusikalische Leichtigkeit. Dabei gilt Harnoncourts ganze Aufmerksamkeit immer auch den Solisten auf der Bühne; meist summt er den gesungenen Text mit.

Homogen
Sängerisch zeichnet sich die neue «Zauberflöte» vor allem durch eine homogene Ensembleleistung aus. Auch die zahlreichen mittleren und kleinen Rollen sind bei Harnoncourt immer gut aufgehoben. Zugleich fehlen wirklich herausragende Solistenleistungen. Matti Salminen, ein langjähriger Sarastro auf allen Bühnen der Welt, dominierte die Szene mit seinem ruhig dahinströmenden, aber gleichzeitig fast zu routinierten Bass. Elena Mosuc als Königin der Nacht schmetterte ihre Rachearie souverän und bis zu den höchsten Tönen, aber insgesamt wirkte sie etwas verspannt. Die junge Julia Kleiter als Pamina schliesslich sang tadellos, aber ihr fehlte es an Ausstrahlung für die Rolle.

Am eigenen Anspruch gescheitert
Uneingeschränkt zu gefallen wussten der Einspringer Jonas Kaufmann als Tamino, dem nur der Premierentag zur Einstudierung geblieben war, und der junge Winterthurer Ruben Drole als Papageno, der als tumber Tor durch die Szene wandelt und dabei überzeugend seine Gassenhauer zum Besten gibt. Der österreichische Regisseur Martin Kusej, der an den Salzburger Festspielen zusammen mit seinem Landsmann Harnoncourt einen hochgelobten «Don Giovanni», ebenfalls von Mozart, auf die Bühne brachte, schien mit der «Zauberflöte» überfordert. Seine Interpretation des märchenhaften Geschehens scheitert quasi an seinen eigenen hohen Ansprüchen. Er lässt auf einer drehbaren Einheitsbühne spielen, die eine Art moderne, sterile Schutzanlage mit zahlreichen Fluchten und Räumen, die untereinander mit metallenen Türen verbunden sind, darstellt. Angelegt ist die Geschichte als Traum des Hochzeitspaares Tamino/Pamina, das nicht versteht, wie ihm geschieht, dessen Liebe aber schliesslich siegt. Kusej folgt dem Buchstaben des Librettos und findet dabei manch überraschende Pointe, verliert sich mit seinem überbordenden Ideenreichtum aber in zu vielen Details. Seine «Zauberflöte» wirkt dadurch insgesamt uneinheitlich und unausgereift. Dazu kommen nicht immer stilsichere Anzüglichkeiten. Zudem erfindet er neues Personal und auch neue Zwischentexte, die den Abend zusätzlich in die Länge ziehen. Mit dreieinhalb Stunden hat die neue Zürcher «Zauberflöte» jedenfalls Rekordlänge.






 
 
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