Neue Zürcher Zeitung, 6. Dezember 2007
Marianne Zelger-Vogt
Puccini: La Bohème, Zürich, 4. Dezember 2007
Lob des Ensembles
«La Bohème» im Opernhaus
Nur zwei Tage nach der missglückten «Trovatore»-Premiere hat das Opernhaus mit der Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis «Bohème» gezeigt, was künstlerisches Niveau und Ensemblespiel ist. Ulrich Senn hat die stimmungsvolle, detailfreudige Inszenierung von Philippe Sireuil sorgfältig aufgefrischt und durch den Verzicht auf das penetrant symbolhafte Sonnenblumenfeld in der Schlussszene nicht nur eine geschmackliche Klippe eliminiert, sondern das Sterben Mimìs intimer und intensiver gemacht. Und Mimì ist in dieser Aufführung tatsächlich die zentrale Gestalt. Elena Mouc verkörpert sie zum ersten Mal – bei der Premiere im Sommer 2005 war sie noch die Musetta –, doch vom ersten Takt an füllt sie die Partie souverän aus. Wie hat sich diese Stimme in den letzten Jahren entwickelt, an Fülle, Wärme, Ausdruckskraft, perlendem Glanz und Resonanz auch in der tieferen Lage gewonnen – und sich ihre Beweglichkeit doch voll erhalten. (Als Traviata hat die Sopranistin am Opernhaus erst kürzlich wieder mit ihren Koloraturen brilliert.)

Das alles kommt nun dem Porträt der kleinen Stickerin zugute, in welchem Elena Moucs Gestalt und Stimme so natürlich zusammenfinden. Während sie davon profitieren kann, dass sie die Inszenierung – aus der Perspektive der jetzt von Christiane Kohl etwas kühl verkörperten Musetta – schon kannte, wirkt Andreas Hörl, der zweite Rollendebütant unter den Protagonisten, als Colline in seinem Spiel wie musikalisch noch etwas unsicher. Doch die übrigen Bohémiens (Michael Volle als Marcello, Cheyne Davidson als Schaunard) agieren so temperamentvoll, dass das kaum auffällt. Erst recht glaubt man Jonas Kaufmann den armen Poeten, und dabei war er doch gerade erst ein Märchenprinz (in Humperdincks «Königskindern»), ein spanischer Infant (in Verdis «Don Carlo») und ein ins Pariser Milieu geratener Bürgerssohn (in «La Traviata»). Ebenso vielbeschäftigt wie der wandlungsfähige deutsche Tenor war in letzter Zeit am Opernhaus der Dirigent Carlo Rizzi, der das Orchester auch bei dieser gelegentlich etwas lauten Puccini-Reprise mit fester und doch sensibler Hand führte.
.Foto Copyright: Suzanne Schwiertz, Zürich






 
 
  www.jkaufmann.info back top