Die Presse, red 16.07.2001
VON GERHARD KRAMER
Messa da Requiem, Neuberg, Österreich, Juli 2001
Spiritueller Tiefgang
Stefan Vladar eröffnete die Neuberger Kulturtage 2001 mit einer aufregenden Wiedergabe von Giuseppe Verdis "Messa da Requiem".
Wer diese tief bewegende Aufführung im Münster von Neuberg an der Mürz erlebt hat, dem mußte nicht nur das unausrottbare Vorurteil von der "Opernhaftigkeit" dieser Musik absurd erscheinen. Beinahe konnte er auch an der Entscheidung des Komponisten irre werden, das Werk in die Konzertsäle und Opernhäuser hinauszutragen: Niemals entfaltet sich dort die sakrale Weihe, die spirituelle Tiefe dieser Totenmesse so überzeugend wie diesmal in der lichtdurchfluteten Weite des "Doms im Gebirge".

Unverbrauchte Frische
Das schmälert nicht Stefan Vladars Leistung, im Gegenteil: Man mochte meinen, sein Konzept einer Interpretation, die der routinierten Glätte des "Betriebes" in weitem Bogen aus dem Wege geht und an deren Stelle eine intensiv erfühlte Exegese des geistigen und musikalischen Gehaltes setzt, sei speziell für den Ort dieser Aufführung ersonnen werden. Abermals - wie zuletzt beim Deutschen Requiem von Johannes Brahms - überraschte dabei der eigenständige Gestaltungswille des gelernten Pianisten, der damit auch am Dirigentenpult trotz (oder gerade wegen) der unverbrauchten Frische des Zugangs seinen Mann stellt. Vladar läßt sich Zeit, läßt die einzelnen Phrasen ruhig ausschwingen, ersetzt herkömmliche Hektik durch überlegene Gliederung und läßt die Musik "atmen", wobei er es gar nicht nötig hätte, der aktuellen Mode der angeblich "rhetorischen" Pausen nachzuhängen. Gerade auch die lyrischen Passagen gewannen dabei durch ihr ruhevolles Aussingen-Lassen an Eindringlichkeit und Gewicht.

Sensationeller Tenor
Dem hatte sich auch das ideal gewählte Solistenquartett unterzuordnen. Margareta Hintermeier mit ihrem gleichsam stählernen, mit Ernst und Leidenschaft eingesetzten Mezzo stand da drei jungen Stimmen gegenüber, die - ähnlich wie Vladar - Verdis Intentionen oftmals besser entgegenkamen als dies zuweilen Weltstars gelingt. Die junge ungarische Sopranistin Beatrix Fodor, nur ganz zuletzt schon etwas ermüdet, wußte Durchschlagskraft bei Tutti mit berückenden Piani der Höhe zu verbinden. Egils Silins zuweilen etwas fahler Baß erfüllte seinen Part dennoch mit Würde. Und geradezu sensationell der Tenor von Jonas Kaufmann, der wie wenige das so oft geforderte dolcissimo zu strahlenden Spitzentönen zu entwickeln verstand. Perfekt sang der Philharmonische Chor Brünn, sehr ordentlich schlugen sich die Grazer Symphoniker






 
 
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