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Allgemeine Zeitung vom
15.05.00 |
Von Siegfried Kienzle |
Mozart: Cosi fan tutte, Wiesbadener Maifestspiele, Mai 2000
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Perlenglanz schmachtender Kavaliere
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Giorgio Strehler starb am 25. Dezember 1997
mitten in der Probenarbeit zu "Cosi fan tutte" - mit diesem Mozart wollte er
1998 den Neubau seines Piccolo Teatro in Mailand eröffnen. Sein langjähriger
Assistent Carlo Battistoni hat Strehlers Konzept umgesetzt: Es ist eine
wunderbar leichte, von mediterraner Helligkeit erfüllte Deutung entstanden,
die an Strehlers unvergessliche Mozart-Schöpfungen der "Entführung" (1965),
des "Figaro" (1983) und des "Don Giovanni" (1987) heranreicht.
Für drei Abende war die Aufführung des Piccolo Teatro zu Gast bei den
Maifestspielen. Ezio Frigerios Bühnenbild begnügt sich mit einer leeren
Fläche aus Holzdielen und den Ausblick auf einen hellen, weiten Horizont,
der für die Verführungsszenen eindunkelt wird zu einem traumhaften Blau mit
schmaler Mondsichel. Türkisfarben schimmert ein Streifen Meer herein.
Zu Beginn, wenn die Liebesprobe übermütig unter den Männern ausgeheckt wird,
und am Schluss, wenn die Paare sich erleichtert versöhnen, ist auf dem
Rückvorhang die gemalte Fassade des Teatro San Carlo in Neapel zu sehen. Das
verkündet Strehlers Konzept: Nicht die tiefe Verstörung im
Liebes-Selbstbetrug will er vorführen, sondern die mutwillige Fopperei unter
ganz, ganz jungen Leuten, die ihren Spaß austoben. Da ist Goldoni nahe, wenn
der Abschiedsschmerz exaltiert ausgespielt wird und die Aktionen immer
wieder als Pose entlarvt werden.
Strehler zeichnet die jungen Offiziere und ihre Bräute in Kostüm und
Bewegung zum Verwechseln ähnlich, lässt sie oft synchron spiegelbildlich
agieren - das Thema von der Austauschbarkeit der Körper und Gefühle wird
sinnfällig sichtbar. Wenn die Kavaliere verkleidet eindringen, um ihre
Bräute auf die Probe zu stellen, so stürmt auf die Mädchen eine Fata Morgana
ein aus Tausendundeiner Nacht: Das muss sie berauschen - eine Dienerschar in
Turban, Fackeln und schimmernde Gewänder, der Perlenglanz der schmachtenden
Kavaliere. Zum Fest gleitet eine Barke herein und wird für Dorabella zur
Liebeslaube.
Jung und mit herrlich unverbrauchtem Vokalglanz das Ensemble: Der Tenor
Jonas Kaufmann ein Fernando mit lyrischem Zauber und kraftvoller Dramatik
begeistert im "Odem der Liebe", Markus Werba von der Wiener Volksoper
setzt seinen hellen Bariton spielfreudig ein für den Guglielmo, Fiorella
Burato (Fiordiligi) vertieft ihre große Szene "Per Pietà" zum beseelt
ausgesungenen Charakterbild, Terese Cullen als Dorabella verströmt mit
geschmeidigem Mezzo ihre Lebenslust. Deutlich älter besetzt sind die
Drahtzieher der Intrige: Janet Perry ist eine erfahrene Despina, die pfiffig
ihre vokalen Pointen setzt, Alexander Malta ein sonorer, recht abgetakelter
Alfonso.
Begeisterung erspielt sich das Orchester "Giuseppe Verdi" aus Mailand - 1993
gegründet und derzeit von Riccardo Chailly geleitet, zählt es zu den
herausragenden Konzertorchestern Italiens. In Wiesbaden sorgte der junge
Dirigent Enrique Mazzola, Leiter des Festivals von Montepulciano, der auch
in Stuttgart und Bordeaux dirigiert, für ein ausgefeiltes, aggressives
Klangbild. Das hat den heißen Atem eines Toscanini, wie hier die vielen
kichernden Nebenstimmen der Bläser betont sind, wie scharf Trompeten und
Pauken eingreifen. Die Secco-Rezitative sind neben dem Cembalo durch ein
Solo-Cello verstärkt. Dieser frische Mozart mit einem Schuss
Rossini-Frechheit wird lang nachklingen. |
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