Rhein-Main-Zeitung
Konzert in der Heiliggeistkirche (Frankfurt ?), Juni 1997
Trompeten rufen zum Letzten Gericht
Franz Schuberts Offertorium B-Dur wurde 1890 in Eisenach, seine siebte Sinfonie h-Moll 1865 in Wien uraufgeführt. Am schnellsten gelangte seine Messe Es Dur D 950 an die Öffentlichkeit: Das 1828 in Schuberts Todesjahr vollendete Werk wurde 1829 erstmals vor Publikum gespielt. Diese drei Werke hatte Wolfgang Seeliger mit dem von ihm gegründeten Konzertchor Darmstadt und der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz für sein Konzert zum 200. Geburtstag Schuberts in der Heiliggeistkirche ausgewählt.

Seeligers Schubert schien kaum noch verwandt mit dem Liederkomponisten. Er interpretierte ihn dramatisch kontrastreich zwischen "pastoraler" Beethovennähe und schaurigen Momenten mit schmerzlich langen Pausen und filigraner Detailarbeit. Der "Unvollendeten" verlieh Seeliger von Anfang an bedrohliche Spannung mit unheimlichem Cello Pizzicato und weichen Kantilenen. Er ließ die Bläser scharf "schmettern", das Orchester "aufschreien" und erzeugte geheimnisvolle Momente: Pauke und Trompete schienen zum Letzten Gericht zu rufen. Mit schimmernden Geigenklängen begann der zweite Satz, auch er mit schmerzvollen Akzenten durchsetzt, während Flöte und Oboe wunderbar erblühten.

Im Offertorium, einer "Aria con coro", wie Schubert das Werk betitelte, hatte der Tenor Jonas Kaufmann die führende Rolle. Er erfüllte seine "Rolle" im Wechsel mit dem respondierenden Chor kraftvoll und mit italienischem Schmelz. In der Es Dur Messe kam der Chor zu seinem Recht und überzeugte mit gewaltigem aber unforciertem Klang und flexibler Gestaltung im flehenden "Miserere" und entfesselten "Quoniam tu solus sanctus". Beim wiegenden "Et incarnatus" zeigte Jacqueline Treichler einen strahlendem Sopran, die Tenöre Jonas Kaufmann und Michael König waren einfühlsam. Margarete Joswig mit klangvollem Alt und Peter Schüler (Baß) ergänzten das Solistenensemble im qualvoll stockenden "Agnus Dei".






 
 
  www.jkaufmann.info back top