Applaus, Dezember 2013
Rainer Aschemeier
 
»Otello ist das Nonplusultra!«
Jonas Kaufmann hat ein bewegtes Jahr hinter sich: Wagner und Verdi - diese beiden Jubiläen bedeuteten Schwerstarbeit für ihn, der als einer der derzeit bedeutendsten Wagner- und Verdi-Tenöre dieser Welt gilt. Rund um den Globus reißen sich die Opernhäuser um den noch immer jungen Sänger, der in Erinnerung ruft, dass Tenöre auch stimmliche Tiefe besitzen können.
 
Jonas Kaufmann hat ein bewegtes Jahr hinter sich: Wagner und Verdi - diese beiden Jubiläen bedeuteten Schwerstarbeit für ihn, der als einer der derzeit bedeutendsten Wagner- und Verdi-Tenöre dieser Welt gilt. Rund um den Globus reißen sich die Opernhäuser um den noch immer jungen Sänger, der in Erinnerung ruft, dass Tenöre auch stimmliche Tiefe besitzen können.

Jonas Kaufmanns Tourkalender des Jahres 2013 ­liest sich wie der Flugplan einer internationalen Luftfahrtgesellschaft: Österreich, Italien, USA, Deutschland, Großbritannien… Es gab einen ECHO Klassik für Kaufmann als Sänger des Jahres und dazu gleich seine neue Verdi CD bei Sony Classical. Keine Frage: Niemand aus der ersten Liga der Gesangsstars hat in diesem Jahr so aus vollen Rohren geschossen wie Jonas Kaufmann. Ob der Trubel dieses Jahres für Kaufmann immer ein Genuss war?

Als Genussmenschen nämlich bezeichnet er sich selbst und macht klar, woher er das hat: »Ich stamme aus einer sehr italophilen Familie. Für mich war Ita­lien der Inbegriff von Genießen und Kultur. Bis heute glaube ich, dass es ganz viele Faktoren in ­Sachen Genuss gibt, die eindeutig das Label ›Made in ­Italy‹ tragen.« Er sagt, er sei mit seinen Eltern früher viel durch Italien gereist, und das sei kein reiner Strand­urlaub gewesen. Von minutiös vorgeplanten Kulturexkursionen durch etliche Kirchen, Museen und Paläste hört man ihn da reden, und wie er da redet, scheint man schon die passende Musik dazu zu hören… ist das nicht, ja, ist das nicht… um pa pa um pa pa… »La donna è mobile, qual piuma al vento…« Na klar: Verdi!
Wie kommt es eigentlich, dass wir Verdi als den ­italienischen Komponisten schlechthin wahrnehmen? Es ist schließlich nicht selbstverständlich, dass Musik so eindeutig einer bestimmten Kulturnation zuzuordnen ist. Bei Verdi aber merkt man es sofort: Das ist italienisch, das schmeckt nach Parmaschinken, nach Pasta und nach Vino! Jonas Kaufmann weiß Rat: »Die Musik Verdis basiert auf Einfachheit. Dadurch wirkt sie teilweise fast folkloristisch – was dazu führt, dass jede mittelmäßige italienische Blaskapelle immer irgendwie auch Verdi im Programm hat. Diese Musik transportiert einfach das Lokalkolorit so fantastisch wie keine andere.«

Während Jonas Kaufmann in München in La forza del destino zu sehen und zu hören ist, ist es derzeit vor allem sein Ausflug ins Otello-Fach, der die Gemüter erregt. Auf Kaufmanns aktuellem Album »Verdi« ist das zu hören: Ein tief timbrierter, ungemein kraftvoller Otello zeigt sich da. Und alle Welt fragt sich: Ist Kaufmann nun reif für diese Rolle, die als eine der anspruchsvollsten Opernpartien der Verdi-Welt gilt? Jonas Kaufmann gibt sich vorerst salomonisch: »Otello ist das Nonplusultra! Seit Jahren ringe ich darum, diese Rolle in mein Repertoire aufzunehmen. Ich denke, nun ist es bald so weit. In wenigen Jahren kommt der erste Otello für mich – das ist sicher!«

Wann genau, lässt der Sänger freilich offen, doch er lässt keinen Zweifel daran, dass er sich nun ­reif dazu fühlt. Aber wahrscheinlich ist Kaufmanns vorsichtiges Herantasten an diese Opernpartie mit Übergröße genau das Richtige. Denn treffsicher bemerkt der sympathische Münchner: »Das entscheidende Kriterium für das Gelingen von Verdis Musik ist die Stimme.«

Nun sollte man sich von Kaufmanns zuweilen betont einfach formulierten Sätzen nicht irreleiten lassen. Das ist ein Sänger, der ahnt, worauf es ankommt, der 110-prozentig genau weiß, wie er »seinen« Verdi hören möchte. Und so nimmt es kaum wunder, dass man ihn in einer Filmdokumentation zu den Aufnahmen zu seinem Verdi-Album eifrig mitdirigieren sieht. Ob Jonas Kaufmann dazu auch auch bei seinen Aufführungen im Nationaltheater die Gelegenheit haben wird, ist eher unwahrscheinlich. Wie dem auch sei: Die Münchener Inszenierung von Verdis La forza del destino von Martin Kušej wird eines der kulturellen Highlights im ausgehenden Dezember in der Stadt werden – so viel ist sicher. Neben Jonas Kaufmann stehen dann unter anderem Anja Harteros, Ludovic Tézier und Vitalij Kowaljow auf der Bühne der Staatsoper.














 
 
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