Abendzeitung. 26. Juni 2009
Robert Braunmüller
Edelster Ritter für alle
Am Wochenende werden die Münchner Opernfestspiele gleich viermal eröffnet. Viele Veranstaltungen sind gratis zugänglich
Erfahrene Opernbesucher wissen: Richard Wagners „Lohengrin“ geht gern schief. In der Premiere von Götz Friedrichs Inszenierung stellte 2001 der Schwanenritter Peter Seiffert im Brautgemach sein Schwert in eine Art Schirmständer, was sehr erheiternd wirkte. Zuvor hing im zweiten Akt ein geschlachtetes Rindvieh herum.

Davor trat sich viele Jahre der Chor im engen Kitschbühnenbild von Ernst Fuchs auf die Füße. Regisseur und Intendant August Everding hatte sich den Wiener Maler zur Verzierung seiner Premiere von 1978 ausgesucht. Im Gedächtnis haften blieb der von einem Tänzer mit kunstgewerblichem Gefuchtel dargestellte Engel-Schwan.

Die Fama meldet, dass auch die vorige Inszenierung Rudolf Hartmanns von 1971 eine Pleite war. Diesmal könnte es ausnahmsweise klappen: Jonas Kaufmann ist ein Lohengrin, der nicht wie ein Sparkassenangestellter aussieht. Die Gralserzählung auf seiner neuen Platte klingt vielversprechend. Bei den Proben der Inszenierung von Richard Jones’ soll es deftig zugehen. Nicht immer, aber manchmal folgt auf solche Turbulenzen eine spannende Premiere.

Alle Vorstellungen von Wagners Oper sind restlos ausverkauft wie auch Kaufmanns Liederabend mit der „Schönen Müllerin“. Der Münchner wird jedoch am Sonntag um 11 Uhr in der Einführungsmatinee mitwirken, für die es noch Karten zu 8 Euro gibt. Neben dem Regisseur hat sich auch Dirigent Kent Nagano angekündigt. Er muss sich aber ab 10 Uhr mit Franz Schuberts C-Dur–Messe beim Eröffnungsgottesdienst in St. Michael beeilen, den Friedrich Kardinal Wetter zelebriert.

Für alle ohne Karten wird die Premiere von „Lohengrin“ am Sonntag, den 5. Juli, in Bild und Ton als „Oper für alle“ bei freiem Eintritt auf den Max-Joseph-Platz übertragen. Für zusätzliche Sinnesreize sorgt der Prominentenauftrieb am Roten Teppich.

Gala und Avantgarde

Eröffnet werden die Festspiele gleich viermal: Sie beginnen mit der kostenlosen HVB-Festspielnacht am Samstag ab 20 Uhr in den Fünf Hösen. Am Sonntag um die gleiche Zeit dirigiert Kent Nagano das Bayerische Staatsorchester beim kostenlosen Festspielkonzert mit Bruckners Achter am Marstallplatz. Die Hoffnung auf besseres Wetter steigt. Am Montag hält der Architekt Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au im Cuvilliéstheater den Eröffnungsvortrag. Richtig los geht’s dann am Dienstag mit einer pompös als „Festspiel-Eröffnungsgala“ titulierten „Aida“, die sich aber nach altem Münchner Festspielbrauch in keiner Weise von der Premiere Anfang Juni unterscheidet.

Avantgardisten und solche, die es werden wollen, lädt die Staatsoper ab Donnerstag, 2. Juli, für zehn Tage ins bewirtete Zelt von „under construction“ am Marstallplatz ein. Hier soll zum Außergewöhnlichen verführt, zu später Stunde unter Anleitung von DJs auch abgetanzt werden. Verschnauft wird kurz: Am zweiten Juli-Wochenende gibt es vor der Pop-Hochkultur mit „Klassik am Odeonsplatz“ und dem Konzert von Anna Netrebko auf dem Königsplatz kein Entrinnen mehr.
Foto © WILFRIED HÖSL






 
 
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