Die Welt, 24. Februar 2008
Von Martina Kausch
Karriere auf Umwegen: Erst eroberte der Tenor Jonas Kaufmann New York, jetzt singt er in München
 Der 38-jährige Sänger freut sich auf eine Reihe von Konzerten in seiner Heimatstadt
Jonas Kaufmann ist Tenor, in München geboren und hat hier sein Gesangsstudium abgeschlossen. 1999 debütierte er bei den Salzburger Festspielen, singt an der New Yorker Met und an der Wiener Staatsoper. Eine tolle Karriere - nur ausgerechnet in seiner Heimatstadt bekam man davon so gut wie gar nichts mit. Bis jetzt.

Denn jetzt will Kaufmann auch das Münchner Publikum erobern. Heute Abend gastiert er im Herkulessaal. Am 15. Juni kommt er für ein Zusatzkonzert in die Philharmonie. Im Juli singt er bei den Opernfestspielen. Und im Sommer nächsten Jahres gibt er den "Lohengrin" in der Neuinszenierung der Bayerischen Staatsoper.

Die Beziehung zu München war bislang ein wunder Punkt in der Karriere des Jonas Kaufmann. Nach dem ersten Engagement in Saarbrücken sang er bald in aller Welt. Er hat einen festen Vertrag mit dem Opernhaus Zürich, aber München? Bis auf einen Belmonte in der Wiederaufnahme von Mozarts "Entführung" kam er hier nicht zum Zug. Sir Peter Jonas hatte nicht gerade einen Narren gefressen an dem jungen Schönling, heißt es. Kaufmann aber blieb ganz Diplomat: "Ich bedaure, nicht öfter in Deutschland zu singen", ist alles, was er dazu sagt.

Nun, mit knapp 40, ist Kaufmann ein Star. Gerade ist eine neue CD mit einem bunten Strauß von "Romantic Arias" erschienen. Er ist öfter im Fernsehen zu sehen, und auch die Lifestyle-Magazine sind auf den Beau der Bühnen mit den dunklen Locken und dem Opern-untypischen Dreitagebart aufmerksam geworden. Er selbst aber bleibt bescheiden: "Ich backe gern kleine Brötchen, denn ich möchte Risiken möglichst ausschließen."

Solide erarbeitete sich Kaufmann als lyrischer Tenor am Beginn der Karriere zunächst seinen Mozart und das italienische Fach, das für die Stimme so angenehm ist. Dann kam die Krise: Die Stimme wuchs und Kaufmann war verunsichert. Die anspruchsvoll dramatische Partie eines Florestan aus Beethovens "Fidelio" sang er vorsichtshalber konzertant, bevor er sich auf die Bühne wagte. Der Riesenerfolg in Zürich 2004 bestärkte ihn aber, die Stimme in Klang und Volumen mehr zu fordern und sich auch mehr in Richtung Verdi und Puccini zu bewegen.

Mittlerweile ist Kaufmann ein phänomenaler Cavaradossi in Puccinis "Tosca", ein liebeskranker Maler mit fantastischer Bühnenpräsenz. Als Alfredo in "La Traviata" wurde er neben Angela Gheorghiu an der Met und in London an der Seite der Netrebko gefeiert. An der Wiener Staatsoper überzeugte er neben der schönen Anna auch in Massenets "Manon".

Was die Ansprüche an seine Stimme betrifft, bleibt er trotzdem vorsichtig. "Ich habe mich lange Zeit im Lyrischen sehr wohlgefühlt. Jetzt merke ich, es ist für die Stimme sehr gesund, verschiedene Stilrichtungen zu mischen." Allerdings mit Maßen. An 70 bis 80 Abenden pro Jahr steht Kaufmann auf der Bühne, aber es sei nicht nur wichtig, was man singt, sondern auch, wie oft man etwas singt. "Es kann immer mal passieren, dass man eine Vorstellung absagen muss. Wenn man auf einer Erkältung rumsingt, kann das die Stimme schädigen. Das dankt einem niemand", sagt er pragmatisch und macht bei kranken Stimmbändern lieber zehn Tage Pause. Dass er damit so falsch nicht liegt, zeigt das Beispiel seines Kollegen Rolando Villazón, der wegen Überbeanspruchung monatelang pausieren und regenerieren musste.

Zurzeit nähert sich Jonas Kaufmann langsam an Richard Wagner an, und dabei hat er alle Hochachtung vor den Rollen. Den Stolzing aus den "Meistersingern" singt Kaufmann schon konzertant, auf CD und im Konzert ist das strahlend-prächtige Preislied zu hören. 2006 trat er erstmals in der Titelrolle von Wagners Parsifal in Zürich auf. Einen besonderen Coup hat Klaus Bachler für seine erste Saison als Intendant der Münchner Staatsoper gelandet und mit echtem Theatersinn Jonas Kaufmann als Lohengrin verpflichtet - Kaufmanns erster Bühnen-Lohengrin überhaupt und dann gleich eine Neuinszenierung des Münchners in seiner Heimatstadt. "Das freut mich riesig", sagt er und erzählt auch gleich von seinem ferneren Wagner-Ziel - dem Siegmund im neuen "Ring des Nibelungen" an der New Yorker Met im Jahr 2011.






 
 
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