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Klassikakzente.de, 16.01.2008 |
Der Durchstarter
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Beinahe wäre Jonas Kaufmann Mathematiker
geworden. Jedenfalls hatte er bereits sein Studium begonnen, als ihm klar
wurde, dass er wohl doch zur Musik berufen sei. Seine Lehrer am Münchner
Konservatorium schätzten zunächst seine leichte Stimmen und förderten sie
nach den Regeln der Pädagogik. Kaufmann sang kleinere Rollen an den Münchner
Operhäusern, wurde nach Saarbrücken engagiert und war doch unzufrieden. Da
müsste musikalisch noch mehr drin sein, meinte er, suchte sich neue Lehrer
und siehe da: Aus dem Ensemblesänger wurden innerhalb eines knappen
Jahrzehnts einer der hoffnungsvollsten Tenöre der Gegenwart, über den die
Tageszeitung The Times befindet, er sei "einer der bedeutendsten und
vielseitigsten Sänger unserer Zeit". Nun stellt sich Jonas Kaufmann mit
einem eigenen Arien-Programm unter dem Dach der Decca vor - mit "Romantic
Arias" auf dem Weg in den Olymp der Tenöre.
Es wurde bereits einiges über Jonas Kaufmann geschrieben. Denn der
charismatische Sänger ist nicht nur ein ausgezeichneter Musiker, sondern
darüber hinaus auch ein versierter Bühnenschauspieler und eine attraktive
Erscheinung - quasi ein menschliches "Gesamtkunstwerk" und damit ein idealer
Protagonist für die Opernbühne. "Niemand kann nur so dastehen und singen",
meint er mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen und beeilt sich
hinzuzufügen: "Ich hasse es, hinsichtlich des Sexappeals eingeschätzt zu
werden. Solange dies als Beigabe zur Gesangsdarbietung hinzukommt, ist das
für mich in Ordnung. Aber wenn die Leute nur darüber reden und niemand
bemerkt, dass man gut singt, ist etwas falsch!" So haben wir es bei Kaufmann
mit dem seltenen Glücksfall zu tun, dass alle Faktoren harmonisch ineinander
greifen und auf diese Weise eine Künstlerpersönlichkeit entsteht, die rundum
überzeugt.
Jonas Kaufmann jedenfalls braucht sich nicht zu verstecken. Er kann auf der
Bühne stehen und die Menschen im Saal zu Tränen rühren, er kann, wie der
Kritikerpapst Michael Kennedy in der Zeitschrift Opera schrieb, den Leutnant
Don José am Royal Opera House Covent Garden derart überzeugend verkörpern,
dass er "einen neuen Standard für die Rolle setzt(e)". Überhaupt glänzt
Jonas Kaufmann durch seine Präsenz und Präsentation, seine Kunst und sein
Können, seine Vielseitigkeit und Begeisterung. Er singt den Don Carlos
(Zürich) ebenso überzeugend wie Wagners Walther von Stolzing (Edinburgh),
Berlioz' Faust (Rom) ebenso ergreifend wie Mozarts Tamino (Met). "Es ist wie
Autofahren", meint er, auf seine Rollenflexibilität angesprochen. "Man kann
nicht nur mit Hochgeschwindigkeit auf der Autobahn fahren, und man kann
nicht nur langsam durch die Stadt fahren - es muss auch noch etwas
dazwischen geben".
Und damit ist auch schon das Stichwort für Jonas Kaufmanns Debüt bei der
Decca gefallen. Denn seine CD "Romantic Arias" ist eine beeindruckende
Sammlung von Möglichkeiten, mit der sich der Münchner Tenor präsentiert.
"Ich liebe alle diese romantischen Sprachen! Auch wenn es kitschig klingt:
Ich bin ein romantischer Mensch. Ich spiele gerne romantische Rollen und
singe gerne romantische Musik". Das liegt natürlich auch im Repertoire
selbst begründet. Arien wie "Che gelida manina" aus Puccinis "La Bohème"
oder "La fleur que tu m'avais jetée" aus Bizets "Carmen", wie "Nein! Länger
trag' ich nicht die Qualen ..." aus Webers "Freischütz" oder "Pourquoi me
réveiller" aus Massenets "Werther" gehören für sich bereits zum
Reizvollsten, was das Genre zu bieten hat.
Für Jonas Kaufmann jedenfalls ist es eine Aufgabe, aus diesen Arien neues
Leben einzuhauchen, und er meistert dies mit der Brillanz eines
Überzeugungstäters, dem die Möglichkeit gegeben wird, einige seiner liebsten
Stücke endlich vielen Menschen vorzustellen: "Man gibt eine Vorstellung, und
dann ist sie vorbei - und lässt sich nur selten bewahren. So verwirklicht
sich mit der Möglichkeit, genau das mit dieser CD zu tun, ein Traum. Die
Leute mögen Recitals anderer Tenöre besitzen, doch wir sind alle Individuen,
und jeder Künstler sieht die Dinge aus einer anderen Perspektive". Mit
"Romantic Arias" jedenfalls hat Jonas Kaufmann seine Feuertaufe beim neuen
Label gemeinsam mit den inspirierten Prager Philharmonikern unter der
Leitung von Marco Armiliato hervorragend bestanden.
Und hat übrigens bereits die Pressekollegen überzeugt. "Ein deutscher Tenor,
der an den führenden Opernhäusern der Welt nicht nur das deutsche, sondern
auch das italienische und französische Fach singt? Ein Sänger, der bei Bach
und Mozart genauso zu Hause ist wie bei Verdi, Wagner und Massenet", fragt
sich der Klassikredakteur Thomas Voigt der Zeitschrift Stereoplay (2/08) in
einem ausführlichen Portrait und fährt fort: "Von dem oben beschriebenen
Sonderfall konnte man all die Jahre nur träumen. Doch jetzt gibt es ihn. Er
heißt Jonas Kaufmann, stammt aus München, gehört zum Ensembles des
Opernhauses Zürich und macht in London und New York Schlagzeilen". In der
aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Der Spiegel fügt der kritische
Moritz von Uslar hinzu: "Wer Kaufmann nicht kennt, braucht sich wirklich nur
dieses Album anzuhören, um eine Idee davon zu bekommen, was dieser Tenor
können möchte, was er tatsächlich kann und welche Schwächen ihm die Kritik
in Zukunft vorhalten könnte. Das italienische Stimmfach bedient Kaufmann mit
grandios glühendem, manchmal fast zu heißem Schmelz. Manchmal will der Tenor
schlicht mehr Talent zeigen, als eine einzelne Arie vertragen kann ..." -
Vorboten einer viel versprechenden Rezensionswelle.
Wen das alles noch immer nicht überzeugt, der kann Jonas Kaufmann in den
kommenden Monaten live erleben, in der Staatsoper in Berlin (16. / 19.2. und
1.3.), in München (24.2.) und Hamburg (28.2.). Er kann in den kommenden
Monaten unter anderem nach London pilgern, um ihn als Cavaradossi am Royal
Opera House, Covent Garden zu erleben, oder auch nach New York jetten, um im
Herbst sein Carnegie Hall-Debüt mit Beethovens Neunter in der Carnegie Hall
zu bestaunen. Und schließlich kann er auch noch Eintrittskarten zu zwei der
Konzertereignisse gewinnen, mit dem KlassikAzente Audioquiz. |
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