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Profil, 16.10.2019 |
Manuel Brug |
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Jonas Kaufmanns Wiener Lieder
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Sterile
Heurigen-Seligkeit: Tenor Jonas Kaufmann versucht sich an Wiener
Liedern.
Er ist inzwischen 50, hat gerade sein viertes Kind
bekommen: Nun bringt Jonas Kaufmann, der umschwärmte Welttenorstar, nach
einem Berliner Tonfilmschlageralbum und einem gleich doppelt als „Dolce
Vita“ und „Italienische Nacht“ verwerteten Ausflug in das Land, wo die
Zitronen blühen, den vierten Crossover-Titel: „Wien“ – eine klassische
Operettenscheibe („hat meine Oma immer so gern gehört“) mit viel Schmäh
heraus. Sogar einen Wiener Dialektanzug hat sich der Münchner anlegen
lassen.
Zu gerade taktiert, poliert und pomadig Allerdings:
Dieser schlackert etwas. Die bunte Bonbonmischung aus Strauß und Stolz,
Lehár und Leopoldi, Kálmán und Kreisler wirkt locker gestrickt. Und
fürchterlich steril. Was daran liegen mag, dass Kaufmann beim
eigentlichen Aufnahmetermin mit den Wiener Philharmonikern und Ádám
Fischer unpässlich war und erst hinterher auf die fertige Begleitmusik
sang. Wie das früher Plácido Domingo gern gemacht hat. So will zwischen
Prater-Frühling und Grinzinger Heurigen-Seligkeit einfach keine
richtige, g’schlamperte Dreivierteltakt-Stimmung aufkommen. Alles wirkt
viel zu gerade taktiert, poliert und pomadig. Auch weil die längst
guttural in die Kehle gerutschte Jonas-Kaufmann-Stimme so gar nichts
Tenorglänzendes mehr hat.
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