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NDR, 18.2.2013 |
Sabine Lange |
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Ein Wagner-Album voller Romantik |
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Jonas Kaufmann sucht auf seiner
Wagner-CD bewusst die leisen Töne. |
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Gerade
erst hat Jonas Kaufmann als Siegmund in der neuen "Walküre"-Aufnahme mit dem
russischen Dirigenten Valery Gergiev verblüfft, weil er so zärtlich, ja fast
kindlich den jungen Helden sang. Jetzt hat er ein eigenes Wagner-Album zum
Jubiläumsjahr 2013 herausgebracht, und auch dort setzt er auf überraschend
innige Töne.
Sanfte Männer Welcher Tenor traut
sich das? Einen Ausschnitt aus Richard Wagners "Siegfried" aufzunehmen - und
dabei das legendäre, kraftvolle Schmiedelied links liegen zu lassen.
Kaufmann präsentiert sich gezielt als jemand, der die Poesie liebt, die
romantische Innigkeit, das Liedhafte, gerade in den monumentalen Werken
Wagners. Kaufmann will nicht mit dem Bizeps spielen - er sucht die leisen,
sehr menschlichen Töne.
Am Siegfried interessiert ihn entsprechend
die Szene, in der der Held allein und still im Wald sitzt und über seine
rätselhafte Herkunft sinniert. Auch Tannhäuser oder der Volkstribun Rienzi
sind bei Kaufmann sanfte, reflektierende, warmherzige Männer.
Psychologische Porträts Was Kaufmann zurzeit aufnimmt, scheint auch die
mit Wagner versöhnen zu wollen, die in dem Komponisten lediglich den
präfaschistischen Monumentalisten wittern. Kaufmann betont in seinen
psychologischen Porträts der Figuren das Menschliche, das der Romantik
verhaftete Wagners, und das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter
Leitung von Donald Runnicles unterstützt ihn dabei mit einem warmen,
empathischen, niemals kraftstrotzenden Klang.
Lange hatte Kaufmann
damit zu kämpfen, dass zwischen seinem Piano und seinem Forte stimmliche
Welten lagen. Das Forte war strahlend, das Piano zu sehr in den Hals
gerutscht. Das Problem hat Kaufmann nahezu gelöst: Seine Stimme klingt
homogener, warm und sicher geführt.
Poetische Fantasie
Kaufmann, seit Jahren an den bedeutenden Opernhäusern der Welt gefeiert,
ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern er experimentiert, forscht
und feilt an und mit seinen Partien. Das kann in Live-Aufführungen manchmal
verstörend wirken, aber die neuen Wagner-Platten mit ihm fesseln in ihrer
poetischen Fantasie.
Erstaunlicherweise interpretiert Kaufmann auf
seiner neuen Wagner-Platte auch die Wesendonck-Lieder, die meist von Frauen
gesungen werden. Der Tenor sieht enge biografische Bezüge dieser Musik zu
Wagners Exilzeit in der Schweiz. So fühlt sich Kaufmann inspiriert, diese
Lieder zu singen.
Ein weiteres Exotikum der neuen Platte: Kaufmann
wählt die berühmte Gralserzählung des Lohengrin in der langen, relativ
unbekannten Urfassung.
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