Fono Forum, Januar 2011
Ekkehard Pluta
 
Enttäuschend
 

 

Man kann es Tonas Kaufmann und der Decca nicht verdenken, dass sie die Konjunktur nutzen und kurz nach dem Album mit deutscher Opernromantik ein weiteres Recital herausbringen, das nun der italienischen Oper des Fin de Siècle gewidmet ist. Das Resultat ist jedoch enttäuschend. Denn Kaufmann arbeitet dieses Repertoire ab, ohne eine künstlerische Affinität zu ihm zu entwickeln. Schon der Albumtitel „Verismo Arias" führt Sänger und Hörer auf eine falsche Spur.

Weder Boitos „Metistofele" noch Ponchiellis „La gioconda" sind dem Verismo zuzuordnen, und die Opern Cileas stehen stilistisch näher bei Massenet als bei Mascagni. Die italienische Oper dieser Epoche war reich an divergierenden Strömungen und der Verismo nur eine ihrer Facetten. Fausts „Dai campi, dai prati", das Lamento aus „L'Arlesiana", Maurizios „La dolcissima effigie" aus „Adrians Lecouvreur" und Cheniers „Come un bel di di maggio" verlangen vom Sänger Poesie und Belcanto, auch in Marcellos „Testa adorata" aus Leoncavallos „Boheme" und beim Schlager „Amor ti vieta" aus „Fedora" ist Zärtlichkeit statt Attacke gefragt.

Andererseits erfordert das Improvviso, mit dem sich Chenier einführt, ein hohes Maß an vokaler Rhetorik. Kaufmann achtet auf diese Unterschiede nicht, exekutiert alle Nummern gleichermaßen forsch und mit irritierender Steifheit durch. Es mangelt ihm an gestalterischer Fantasie, die man ihm als Lohengrin, Don José oder Cavaradossi gewiss nicht absprechen kann. Der Schluss liegt nahe, dass er sich auf dieses Recital nur oberflächlich vorbereitet hat. Leider zeigt sich auch der Dirigent Antonio Pappapo weit unter seinem gewohnten Niveau, die Orchesterbegleitung ist breit und streckenweise breiig.
 






 
 
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