Opernglas, 7/8, 2009
Neue Cds
S. Martens
 
Jonas Kaufmann -  Sehnsucht
„Mit diesem Repertoire bin ich aufgewachsen, es hat mich seit der Zeit meiner ersten musikalischen Erinnerungen begleitet— man kann sagen, es steckt in meinen Genen!“So beschreibt Jonas Kaufmann —unbestrittener Liebling der gegenwärtigen Klassikszene — sein inniges Verhältnis zum deutschen Fach.

Und ausschließlich dieses präsentiert der Münchner nun auf seinem zweiten Soloalbum. Neben Arien aus Opern von Mozart, Schubert und Beethoven liegt der Schwerpunkt auf dem Schaffen Richard Wagners. Es dürfte kein Zufall sein, dass ausgerechnet sein Lohengrin („In fernem Land“ und „Mein lieber Schwan“) diese Aufnahme eröffnet — debütiert er doch in dieser Partie Anfang Juli bei den Münchner Opernfestspielen. Ein Ereignis, dem die gesamte Branche mit großer Spannung entgegenfiebert und das womöglich den Ritterschlag zum (deutschen) Helden markieren könnte.

Und tatsächlich nimmt seine Interpretation des Schwanenritters sofort Gehör und Seele ein. Denn kraftvoll und heldisch-glänzend klingt die Höhe, wunderbar geerdet aber dennoch ätherisch leicht gelingen die anspruchsvollen Pianostellen in der „Gralserzählung“. Nichts mutet hier kitschig oder gar narzisstisch an: Das macht Appetit auf mehr.

Die beiden folgenden Arien aus der »Zauberflöte« („Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ und „Die Weisheitslehre dieser Knaben... Wie stark ist nicht dein Zauberton“) fallen in Intensität und Stimmschönheit leicht ab. Der Tenor, so hat es den Anschein, ist der Rolle des Tamino entwachsen.

Während „Was quälst du mich, O Missgeschick! In tiefbewegter Brust“ aus Schuberts »Fierrabras« zu dramatisch interpretiert wird und seine Stimme in der Aufruhr einen schmerzlich engen Klang annimmt, versöhnen ein weiches Legato und natürlicher Stimmfluss in „Schön, wenn es beginnt zu tragen“ aus »Alfonso und Estrella« —eine Arie, die auf Empfehlung des begleitenden Dirigenten Claudio Abbado ausgewählt worden ist.

Nach Kaufmanns aufwühlendem und ab und an mit schleieriger Tongebung gesungenem „Gott, welch Dunkel hier!“ aus »Fidelio« ist er in Siegmunds „Winterstürmen“ wieder voll in seinem Element —sein bronzefarbenes und baritonal angehauchtesTimbre verleiht dem Part etwas schier unwiderstehliches.

Zwei Ausschnitte aus »Parsifal« beenden die CD und bieten neben der Gelegenheit zur Zurschaustellung mächtiger Ausbrüche genügend Raum für die Interpretation dieser vielschichtigen Partie.

Claudio Abbado und das Mahler Chamber Orchestra begleiten den Künstler auf so wissende und über den Dingen stehende Art und Weise, wie sie heute nur noch selten vorkommen dürfte. Der Dirigent zaubert viele Klangstimmungen, vereint hohe Musikalität mit jahrzehntelanger Erfahrung und formt aus jedem einzelnem Stück etwas wirklich Kostbares.






 
 
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