Kultur Port, 8. Dezember 2015
Geschrieben von Hans-Juergen Fink
 
Jonas Kaufmann – mehrfach
 

Makellose Höhe, glaubwürdige Italianità, dramatischer Drive

Platz 1 der Klassik-Charts hat Kaufmann ebenfalls mit Puccini erobert. Ein klug zusammengestelltes „Best of“ für den Tenor, manchmal mit Partnerin. Natürlich mit den Opern-Hits, für die jeder gute Sänger der hohen Männerstimme Puccini auf Knien danken muss: „Donna non vidi mai“ aus „Manon Lescaut“, „O soave fanciulla“ aus „La Bohème“, „Recondita aarmonia“ aus „Tosca“ und das namengebende „Nessun dorma“ aus „Turandot“. Dazu kommen aufpolierte Juwelen aus unbekannteren Puccini-Werken: aus seiner ersten Oper „Le Villi“, aus „Edgar“, aus „La Rondine“, „Il Tabarro“, „Gianni Schicchi“ und „La Fanciulla del West“. Klug, weil so die Erwartungshaltung des Publikums immer wieder unterlaufen werden kann und Kaufmann wenigstens hin und wieder die eigentlichen Stärken seiner Stimme ausspielen kann. Die liegen einfach nicht nur in der makellosen Höhe, der glaubwürdig ausgespielten Italianità, viel dramatischem Drive und dem leider etwas zu oft heroischen Starktonsingen. Viel überraschender, viel anrührender ist er, wenn er sehnsuchtsvoll, zweifelgepeinigt oder leidumflort nach innen schaut, Charaktere behutsam gestaltet und dabei auch mal seinem fantastischen Pianissimo vertraut, mit dem er einst in Bayreuth im „Lohengrin“ die Gralserzählung zu einer magischen Größe geführt hat. So etwas findet auf dieser CD nur in wenigen allerzartesten Momenten statt.
Begleitet wird Kaufmann von Orchester und Chor der Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter Antonio Pappano, die in Puccinis Melodie-Orgien spürbar zuhause fühlen. Bleibt zu hoffen, dass die Anforderungen der bestens vermarktbaren Zuschreibung „Startenor“ Kaufmann bei seinen Aufnahmen nicht auf Dauer zwischen die eng gestellten Leitplanken von Hörerwartungen zwängt, die ihn am liebsten reduzieren würden auf das Etikett „strahlender Held“. Er hat so viel mehr zu bieten.
So wie vermutlich auch das Booklet zur CD. 46 Seiten hat es und eine Mäuse-Schrift, zu der man eine Lupe mitliefern müsste.
Das Programm des Puccini-Samplers hat Kaufmann beinahe vollständig schon im Juni 2015 in der Mailänder Scala gesungen, mit dem Orchester des Hauses. Diese Aufnahme ist nun als DVD erschienen – auf diese Weise könnte sich Kaufmann in den Charts bald mit einem Programm zweimal wiederfinden.






 
 
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