Die Veröffentlichung musste krisenbedingt auf Mai* verschoben werden,
aber jetzt ist er endlich da, der Otello mit Jonas Kaufmann. Und das
Warten hat sich nicht nur für die Fans des Tenors gelohnt, sondern für
alle, die Verdi lieben. Die Einspielung ist nämlich weit mehr geworden
als ein Vehikel für den Titelinterpreten. Ganz im Gegenteil: Die
eigentliche Sensation findet im Orchester statt. Nicht nur, dass Antonio
Pappano Verdis Partitur mit Verve und Leidenschaft erfüllt, er legt
darüber hinaus größten Wert auf die Befolgung aller Angaben der
Partitur. Auch gesungen wird ganz auf seiner Linie, und es ist eine
Freude zu hören, wie Carlos Alvarez jede Nuance des intriganten Jago
herausarbeitet. Federica Lombardi hat die ideale Spinto-Stimme für die
Desdemona, geschmeidig und doch zur Attacke fähig. Während Jonas
Kaufmann bei seinen ersten Takten noch ermattet und stimmlich erschöpft
klingt, läuft er in allen weiteren Szenen zur Höchstform auf, und es
offenbart sich dem Ohr ein in Phrasierung und Gestaltung nahezu
vollendetes Porträt. Kaufmann klingt in den dramatischen Passagen
kraftvoll, seine eigentliche Stärke kann er aber in der Mezza Voce
ausspielen, wo ihm atemberaubende Momente von berückender Schönheit
gelingen. Ein Sieg auf ganzer Linie — und ein Triumph für Verdi!
* Juni
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