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Salzburger Nachrichten, 27 September 2017 |
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Französisch heizt Leidenschaft an |
"L'Opéra" heißt die neue CD des
deutschen Tenors Jonas Kaufmann |
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Seinen
Liederabend beim Enescu-Festival in Bukarest vor wenigen Tagen
hat Jonas Kaufmann abgesagt, wegen starker Erkältung, wie er
seinem internetaffinen Fanpublikum mitteilte. Die Enttäuschung
war groß, und so schrieb auch eine Facebook-Userin, dass ihre
85-jährige Großmutter eine 500 Kilometer-Reise in Kauf genommen
habe, um den Strahletenor in Bukarest zu hören, und dass es
beileibe kein Trost sei, dass Kaufmann alle auf das nächste Jahr
vertröstet habe. Absagen hat Kaufmann in den vergangenen Jahren
einige hinter sich, aber so ist das Leben eines Sängers, von dem
immer das höchste Niveau gefordert wird.
Gleichzeitig mit
der Absage in Bukarest ging auch das Zittern los bei den
Menschen, die schon gespannt auf den Einsatz von Jonas Kaufmann
in Paris warten, wo er am 10. Oktober in Verdis „Don Carlos",
also in der französischen Fassung, an der Opéra Bastille
erwartet wird. Dort debütiert an seiner Seite Elina Garanca als
Eboli, was die Premiere zu einem Event veredelt. Freunde der
französischen Oper können es sich aber auch mit der neuen CD des
bayerischen Helden gemütlich machen. Da lässt Jonas Kaufmann
nicht nur seine bisherigen Erfolge Revue passieren — wenn man
ihn schon mehrfach als Don José in Bizets „Carmen" erlebt hat,
ist die „schwerer"gewordene Stimme auffallend —, sondern es gibt
auch Neuland. Also Arien von Rollen, die Jonas Kaufmann bisher
noch nie auf der Bühne verkörperte. Dazu zählt der Éléazar aus
Fromental Halévys „La Juive" oder der Énée aus den „Trojanern"
von Hector Berlioz.
Diesen Énée hätte Kaufmann schon 2012
in London unter Tony Pappano singen sollen, es kam nicht dazu.
Jetzt war es so weit, „ich konnte es kaum erwarten, endlich mal
mit Orchester zu singen", zitiert das Booklet. „Als Bertrand de
Billy die Orchesterpassagen probte, scharrte ich innerlich mit
den Hufen, so sehr brannte ich darauf, loszulegen. "Das
sängerische Temperament spürt man auch in anderen Arien, vor
allem aber die Hingabe zur Melodienfülle und Sentimentalität der
französischen Komponisten. Zwei Mal teilt sich Kaufmann die
Emotionen mit Duopartnern, denn bei den „Perlenfischern" von
Bizet singt er mit dem Bariton Ludovic Tézier das Duett
Zurga/Nadir, und auch bei „Manon" von Massenet hat er eine
außerordentliche Partnerin, die verführerische Sonya Yoncheva,
der schwer zu Widerstehen ist — was Des Grieux eh nicht schafft.
Was auffällt, ist schon, dass Jonas Kaufmann seine Stimme
nie schont, ob schwer dramatisch oder lyrisch beseelt, immer
gibt er alles. Doch wegen seiner technischen Grundlagen muss man
sich auch keine Sorgen machen, und die Kraft der Stimme samt der
breiten Farbpalette hebt die Aufnahmen auf eine außerordentliche
Höhe. Dabei wird Kaufmann gut gestützt vom Bayerischen
Staatsorchester und dem französischen Dirigenten Bertrand de
Billy, einem ausgewiesenen Kenner der Materie..
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