Salzburger Nachrichten, 02.12.2014
KARL HARB
 
Jonas Kaufmann begibt sich in die „Traumfabrik Berlin“
Das Operetten-Album des Münchner Tenorstars ist weit mehr als eine gefällige Schlagerparade.
Jetzt hat sie auch ihn gepackt, die Lust an den unsterblichen Melodien der Operette. Nachdem sein Tenorkollege Piotr Beczała vor Kurzem eine Hommage an Richard Tauber und das unsterbliche „Tauber-Lied“ vor allem aus der noch unsterblicheren Feder Franz Lehárs eingesungen hat, folgt ihm der Münchner Jonas Kaufmann mit einem hinreißenden Besuch in der „Traumfabrik Berlin“, wo am 30. Jänner 1926 akkurat Richard Tauber den Wiener Lehár-Flop „Paganini“ ausbügelte und die ernste Künstler-Operette zum Renner machte.

„Gern hab ich die Frau’n geküsst“, schmeichelt auch Jonas Kaufmann am Beginn seines neuen Albums, das weiterhin Frivoles und vor Lebenslust Schmetterndes von Lehár enthält und den sehnsüchtigen Wien-Gruß von dessen schärfstem Konkurrenten, Emmerich Kálmán. Jeden Ton trifft dieser Kaufmann auf das Vortrefflichste – womit nicht nur der einzelne Ton dieser magischen Stimme, sondern immer auch der richtige Ton der Stimmung eines Schlagers gemeint ist. Wunderbar, sich einfach fallen zu lassen in diese Welt, die das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Jochen Rieder mit fabulöser Wandlungsfähigkeit trifft. Jonas Kaufmann kennt den „Tauber-Ton“, er erinnert aber auch – ohne je etwas zu imitieren – an den wunderbaren Joseph Schmidt mit seiner charakteristischen Träne im Tenorschmelz, an den strahlenden C-Ritter Jan Kiepura, das „singende Erotikon“, wie es Thomas Voigt nennt.

Man möchte weinen, wenn Jonas Kaufmann die Melancholie des „Irgendwo auf der Welt“ (gibt’s ein kleines bisschen Glück) von Werner Richard Heymann, das die Comedian Harmonists weltberühmt gemacht haben, mit ehrlicher Schlichtheit anstimmt. Man fühlt auch ganz nah mit, wenn es bei Paul Abraham (einem der vielen von den Nazis Vertriebenen) heißt: „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände.“ Und man staunt über alle Raritäten, zuvorderst „Das Lied vom Leben des Schrenk“, eine ausgewachsene, fast heldentenorale „Opernarie“ von Eduard Künneke aus der nie gehörten Operette „Die große Sünderin“.

Was Wunder, dass Jonas Kaufmann schließt mit einem echten Opernschlager der Zeit: Korngolds „Glück, das mir verblieb“. – Ein tolles, ein intelligentes Album.CD: Jonas Kaufmann. „Du bist die Welt für mich.“ Sony.









 
 
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